Südwest-CDU Mitgliederbefragung stößt auf Widerstand

In Baden-Württemberg buhlen Günther Oettinger und Annette Schavan um die Nachfolge von Ministerpräsident Erwin Teufel. Nun soll die Parteibasis entscheiden, einige CDU-Politiker aber halten das für keine gute Idee.

Bei der baden-württembergischen CDU hat nun die Basis das Wort: Die mehr als 80.000 Mitglieder des zweitgrößten CDU-Landesverbands sollen bei einer Mitgliederbefragung den Nachfolger von Ministerpräsident Erwin Teufel küren. Die beiden Kontrahenten in der Nachfolge-Frage, Landeskultusministerin Annette Schavan und CDU-Fraktionschef Günther Oettinger, verständigten sich auf dieses Vorgehen. Schavan sagte, beide seien sich einig, dass die Teilhabe aller Mitglieder "an dieser Weichenstellung" wichtig sei.

Hinter den Kulissen werden derweil schon längst die Strippen gezogen. Einige CDU-Landtagsabgeordnete sprachen sich vor einer Sitzung gegen die Mitgliederbefragung aus. Oettinger, seit 1991 Fraktionschef in Stuttgart, gilt als Favorit, wenn Teufels Nachfolger von einem Parteitag bestimmt wird. Der ehemalige Sozialminister Friedhelm Repnik sagte, er behalte sich bei der Abstimmung sein "Recht als frei gewählter Abgeordneter" vor. Schavan werden größere Chancen bei einer Mitgliederbefragung eingeräumt.

Oettinger wirkte vor der Fraktionssitzung angespannt und sagte lediglich: "Ich akzeptiere jedes Gremium der CDU Baden-Württemberg." Der 51-Jährige hatte bereits im März seinen Anspruch auf das Amt angemeldet. Der Rechtsanwalt aus Ditzingen gilt auch als Drahtzieher mancher Sticheleien gegen Teufel. Das Verhältnis zwischen beiden wird als zerrüttet beschrieben. So war Oettinger gegen den Verkauf der Landesanteile am Stromunternehmen Energie Baden-Württemberg. Und in jüngster Zeit herrschte in der Fraktion großer Unmut über Teufels Alleingang bei der Verwaltungsreform.

Beim letzten kleinen Parteitag der Südwest-CDU in Stuttgart sollte Oettinger eigentlich nur die Begrüßungsrede halten. Doch stattdessen sprach er etwa 20 Minuten. Das Ganze hörte sich damals an wie eine Bewerbungsrede für das Amt des Ministerpräsidenten.

Der Anwalt sorgte schon in frühen Jahren in seiner Partei für Aufsehen. Als Landeschef der Jungen Union (JU) fiel er erstmals 1988 bundesweit auf, als er den Rücktritt von Bundeskanzler Helmut Kohl forderte. 1991 übernahm Oettinger von Teufel das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Landtag und stand schon oft in einem "kritischen Dialog" zur Landesregierung. Als Kronprinz sieht er sich jetzt auf der Zielgeraden.

Oettingers Konkurrentin Schavan gehört dem Landtag erst seit der laufenden Legislaturperiode an. Die baden-württembergische Kultusministerin ist das politische Ziehkind von Teufel. Dieser übertrug Schavan im Dezember 2002 den Vorsitz der Zukunftskommission der baden-württembergischen CDU. Damit wollte er die Rheinländerin, die auch stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende ist und als enge Vertraute von Parteichefin Angela Merkel gilt, besser in der Partei verankern.

Trotz ihres guten Standes in der Partei hat die 49-Jährige aber möglicherweise ein Manko: Sie ist ledig und kinderlos, der evangelische Oettinger dagegen ist verheiratet und hat einen Sohn. Dass Schavan aus dem Rheinland stammt, könnte bei einigen Schwaben ebenfalls nicht gut ankommen.

Teufel hatte Schavan im Sommer 1995 in sein Kabinett geholt. Vorweisen konnte die damals noch nicht mal 40-Jährige unter anderem kommunalpolitische Erfahrung in ihrer Heimatstadt Neuss, zwei Jahre als Bundesgeschäftsführerin der Frauen-Union, ihr Engagement in der katholischen Kirche und die langjährige Leitungsfunktion des Cusanus-Werks.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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In Stuttgart machte sich Schavan rasch einen Namen als umtriebige Reformerin des Schulwesens. Auf acht Jahre verkürztes Gymnasium, mehr verbindliche Standards in der Oberstufe, frühere Einschulung, Fremdsprache schon in der Grundschule - das sind einige der vielen Baustellen, die von der Ministerin eröffnet wurden. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Schavan 1997: Die deutsche Muslimin Fereshta Ludin wurde nicht in den Staatsdienst übernommen, weil die Kultusministerin Lehrerinnen verboten hatte, beim Unterricht ein Kopftuch zu tragen.

Schavan war zuletzt als Unionskandidatin für das Amt des Bundespräsidenten im Gespräch. Manche ihrer Kritiker halten ihr vor, dass sie zu wenig von Wirtschaft und Finanzen verstehe. Auf diesem Gebiet hat sie sich in Stuttgart tatsächlich noch nicht besonders hervorgetan - ihr Rivale Oettinger hingegen schon. Teufel wollte ihn 1998 bei der Kabinettsumbildung ins Finanzressort holen. Doch der Fraktionschef lehnte ab, immer sein Ziel vor Augen, Ministerpräsident zu werden.

DPA
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