Terrorismus Bahnbomben schon zur WM geplant

Einem Medienbericht zufolge sollten die misslungenen Bahn-Anschläge schon zur Fußball-WM verübt werden. Offenbar hatten die Mohammed-Karikaturen und der Tod des Top-Terroristen Sarkawi die Männer zu ihren Plänen aufgestachelt.

Die misslungenen Anschläge auf zwei Regionalzüge der Deutschen Bahn Ende Juli sollten nach einem Zeitungsbericht schon während der Fußball-WM verübt werden. Das habe sich bei der Vernehmung der Verdächtigen herausgestellt, berichtet die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf Sicherheitsbehörden. Dass der Plan verschoben wurde, hätten die mutmaßlichen Täter damit begründet, dass ihnen Bedenken über die Risiken und Auswirkungen gekommen seien.

Angriff der westlichen Welt auf den Islam

Unterdessen haben die Ermittler auch über die Motive der mutmaßlichen Attentäter Erkenntnisse gewonnen. Der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus", die "Initialzündung" für die Kofferbomber sei die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen gewesen. "Der in Kiel gefasste Youssef el Hajdib interpretierte dies als Angriff der westlichen Welt auf den Islam."

Ein weiteres Motiv sei der Tod des Top-Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi am 7. Juni im Irak gewesen. "Die beiden Hauptverdächtigen glaubten, dass der internationale Terrorismus einen seiner wichtigsten Köpfe verloren hatte", erklärte Ziercke. Der BKA-Chef bezog sich dabei auf Aussagen des im Libanon inhaftierten mutmaßlichen Mittäters Jihad Hamad.

Libanon könnte Auslieferung verweigern

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, schlug angesichts der Kofferbombenfunde ein Anti-Terror-Training für Bahnmitarbeiter vor. "Natürlich kann eine Videokamera keine verdächtigen Gepäckstücke ausfindig machen - auch nicht in Zügen", sagte er der "Netzeitung". "Insofern ist hier speziell geschultes Bahnpersonal sicherlich die bessere Lösung.

Nach einem Bericht von "Focus online" will der Libanon die beiden dort inhaftierten mutmaßlichen Täter nicht nach Deutschland ausliefern. "Es sind libanesische Staatsbürger, ihnen muss hier der Prozess gemacht werden, und sie müssen hier ihre gerechte Strafe absitzen", sagte Generalstaatsanwalt Said Mirza dem Online-Magazin. Er forderte die Auslieferung der beiden in deutschen Gefängnissen in Untersuchungshaft sitzenden Tatverdächtigen. Den Beschuldigten drohen nach seinen Angaben im Libanon Haftstrafen von bis zu 25 Jahren. Den Tatverdächtigen standen dem Bericht zufolge während des Ermittlungsverfahrens keine Anwälte zur Seite.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Diskussion um Anti-Terror-Datei

Vor der Sondersitzung der Innenministerkonferenz an diesem Montag machte sich Hessens Ressortchef Volker Bouffier (CDU) für eine Anti-Terror-Datei mit umfangreichen Informationen stark. "Wenn Behörden mit Hilfe der Datei rascher arbeiten und Informationslücken füllen sollen, müssen sie auch handeln können", sagte er der Zeitung "Die Welt". Ohne die umstrittene "Volltext-Datei" zu erwähnen, sagte der Minister: "Es kann nicht sein, dass eine Behörde davon abhängig ist, ob eine andere zugibt, Informationen zu besitzen."

Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) warnte dagegen vor einer Anti-Terror-Datei, in die Geheimdienste und Polizei sämtliche Angaben zu Verdächtigen einstellen. Stegner schlug in der "Berliner Zeitung" (Samstag) vor, die Datei stattdessen in einen offenen und in einen verdeckten Teil zu trennen. "Der offene, allen zuständigen Behörden zugängliche Teil sollte einen Kranz von Daten zum Verdächtigen enthalten." Beim verdeckten Teil solle nur die Quelle angegeben werden.

Der Vorsitzende des Bundes der Kriminalbeamten, Klaus Jansen, forderte eine Umorganisation der Sicherheitsbehörden bei Bund und Ländern. Es sei nicht zu erkennen, wer bei der Terrorismusbekämpfung in Deutschland Chef im Ring ist, sagte er der "Welt".

DPA
DPA