Die Regierungen Deutschlands und der USA sowie führende Wirtschaftsvertreter beider Länder haben den festen Willen bekundet, nach dem Streit um die Irak-Politik und trotz fortbestehender Konflikte in anderen Feldern gerade auf wirtschaftlichem Gebiet weiter eng zusammenzuarbeiten.
"Sehr ermutigt"
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte am Dienstag in Washington, er habe bei all seinen Gesprächen, unter anderem mit US-Vizepräsident Richard Cheney und mit anderen Mitgliedern der Regierung von George W. Bush die große Bereitschaft erfahren, die Zusammenarbeit nicht nur fortzuführen, sondern noch auszubauen. "Insgesamt bin ich sehr ermutigt von dem, was ich hier wahrgenommen habe", sagte er. Getragen sei dies auch von der Erkenntnis, dass beide Länder mit ihrer Wirtschaftskraft eine hohe Verantwortung für die Weltwirtschaft trügen. Ein deutsch-amerikanischer Unternehmergipfel in Washington, an dem Clement teilnahm, forderte in einer Erklärung die Vertiefung der Beziehungen zwischen beiden Ländern, um der Weltwirtschaft und dem Wachstum neue Impulse zu geben.
Wirtschaftliche Dynamik zum Wohle der Weltwirtschaft
Bestimmende Themen von Clements Gesprächen, unter anderem mit US-Notenbankchef Alan Greenspan, waren die Überwindung der gegenwärtigen weltwirtschaftlichen Schwäche, der niedrige Dollarkurs, der die deutsche Exportwirtschaft belastet, sowie Anstrengungen, die ins Stocken geratenen Bemühungen um einen freieren Welthandel wieder in Gang zu bringen. Eine große Rolle spielte laut Clement auch die in Deutschland anstehende Reformagenda 2010, mit der Deutschland mehr wirtschaftliche Dynamik zum Wohle auch der europäischen und der Weltwirtschaft gewinnen will. Nach den Worten des deutschen Ministers wurde er von all seinen Gesprächspartnern ermutigt, diese Reformen schnell umzusetzen. Manchem seien die geplanten Reformen noch nicht weit genug gegangen, um Deutschland wieder auf den Wachstumspfad zu bringen.
Seine US-Gesprächspartner, insbesondere US-Notenbankchef Greenspan und US-Finanzminister John Snow wischten nach Clements Worten alle Zweifel beiseite, dass die US-Regierung "mutwillig" im Interesse ihrer Exportwirtschaft einen schwachen Dollar anstrebe. Dies sei "absolut nicht der Fall" und auch undenkbar. Zudem wären die Risiken einer solchen Politik viel zu groß. Mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Horst Köhler, sei er sich mit Blick auf die vom IWF gesehenen Deflationsgefahren gerade in Deutschland einig, dass man solche Gefahren sorgfältig beobachten müsse. Clement ließ auch anklingen, dass sich Deutschland angesichts seiner Wachstumsschwäche und seiner sehr niedrigen Inflationsrate eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank wünsche. Die US-Regierung erwarte im nächsten Jahr eine deutliche Wachstumsbelebung.
Clement fordert mehr Anerkennung
Clement hatte zuvor die US-Regierung aufgefordert, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass das zusammenwachsende Europa in Zukunft mehr Gewicht in der Weltpolitik und der Weltwirtschaft haben sowie ein neues Selbstverständnis und mehr Selbstbewusstsein einbringen werde. Das spreche aber nicht gegen eine weiterhin enge transatlantische Kooperation, sondern mache sie noch notwendiger. Der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick stellte die vielen gemeinsamen Interessen beider Länder in Fragen eines freieren Welthandels heraus und bat Deutschland um Hilfe bei der Entschärfung der vielen Handelskonflikte zwischen Deutschland und der Europäischen Union (EU).

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Auch Clement erklärte, er sei inzwischen zuversichtlicher als noch vor wenigen Wochen, dass die ins Stocken geratenen Bemühungen um Fortschritte für einen freieren Welthandel, für den auch der deutsch-amerikanische Unternehmergipfel plädierte, zu erzielen. Ganz im Sinne der US-Forderung bezeichnete Clement die EU-Einfuhrsperre für gentechnisch veränderte Agrarprodukte als falsch. Das sei im Übrigen auch die Meinung des gesamten Kabinetts. Zudem sagte er zu, dass sich die Bundesregierung innerhalb der EU für einen Abbau der Agrarsubventionen einsetzen werde. Auch von der USA heftig kritisierte EU-Chemierichtlinie wolle die Bundesregierung verändern. Clement forderte aber auch die USA auf, in der Frage von Stahlimportbeschränkungen oder im Streit um Beschränkungen für die Post-Tochter DHL in den USA eine Konsenslösung zu suchen. Er kritisierte die hohen Defizite der USA im Haushalt und in der Leistungsbilanz, die für eine längere Zukunft nicht tragbar seien. In Hinblick auf den Wiederaufbau des Irak bekundete er die Bereitschaft deutscher Firmen, sich zu beteiligen.