"Kommt rein, wärmt Euch auf, esst eine Suppe, trinkt einen Tee." So könnte man ukrainische Flüchtlinge empfangen. Aber an der Hamburger Erstaufnahmeeinrichtung im Stadtteil Rahlstedt sagt man: "Anstellen!" Und: "Reisepass?" Auf dem Gelände der Aufnahmeeinrichtung gibt es eine riesige Halle, und es gibt auch ein großes Tor zum Hof, das sich leicht öffnen ließe. Aber die Menschen, die in die warme Halle hineinwollen, müssen draußen warten, manchmal stundenlang.
Die Kinder weinen, weil sie frieren
Vor der Hilfe kommt die Kontrolle. Ein Gebäude für die Durchführung der obligatorischen Corona-Tests ist eingerichtet. Aber auch dahin müssen die Flüchtlinge erst einmal kommen. So stehen sie in langer Schlange vor der Pforte, Kinder, Mütter, alte Menschen. Die Kinder weinen. Weil sie frieren.
Mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine sind schon vor den Raketen geflohen, die die Russen auf ihr Land abfeuern. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR stellt sich auf bis zu vier Millionen Flüchtende ein. Nicht alle wollen in den Nachbarländern bleiben, wie in Polen, Rumänien oder Moldawien. Manche zieht es auch nach Deutschland. Laut Bundesinnenministerium zählt die Bundespolizei bislang mehr als 80.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.
An Hilfsbereitschaft mangelt es nicht, auch nicht an Sachspenden. Die Deutsche Bahn befördert Ukrainerinnen und Ukrainer kostenlos. Viele Städte und Gemeinden reaktivieren ihre Infrastruktur von 2015, als die Menschen aus Syrien und dem Irak nach Deutschland gekommen sind. Vielerorts wollen die Bundesbürger privat Kriegsflüchtlinge bei sich aufnehmen, es werden zudem eine Reihe von Sammelunterkünften eingerichtet. In Schwerin zum Beispiel sind ukrainische Frauen und Kinder überwiegend in einer Jugendherberge untergekommen. Wie in Hamburg stellt auch Hannover eine Messehalle für die Schutzsuchenden bereit.
In Bussen ins weit entfernte Rahlstedt
Am Hauptbahnhof der Hansestadt empfangen jeden Tag engagierte Helfer in gelben Westen, organisiert von Arbeiter-Samariter-Bund, geflüchtete Menschen, die aus den Zügen steigen. Sie sind zugewandt, geben den Ankommenden Orientierung. Aber sobald die Behörde übernimmt, ist es damit erst einmal vorbei. Denn die Helfer sind gehalten, die Menschen in Busse zu setzen, die sie ins 15 Kilometer weit entfernte Rahlstedt zur Erstaufnahmeeinrichtung bringen.
Vor dem Kongresszentrum in der Hansestadt, mitten in der City, wo 2017 der G20-Gipfel stattfand, froren zu Beginn der Woche noch die Männer vom Sicherheitsdienst lange alleine an der Schranke zum Gelände. Erst nach und nach trudelten die Geflüchteten ein. Nicht alle müssen zur Registrierung erst ins weit entfernte Rahlstedt. Diejenigen, die privat unterkommen, werden in die Hammer Straße nach Wandsbek gebeten. Nur sechs Kilometer von den Messehallen entfernt, und deutlich besser an S- und U-Bahn angebunden.

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Die Warteschlangen werden nicht kürzer
In zwei der Messehallen sind vom Deutschen Roten Kreuz Boxen eingerichtet, 8 mal 8 Meter, je zwei Hochbetten, ein Spind. Ein bisschen Privatheit in einen kleinen Raum, allerdings ohne Zimmerdecke. Aber mit Nachbarn, die das Schicksal teilen. Bevor sie hier ihr Quartier aufschlagen konnten, mussten sie in der Kälte warten, ohne Essen und Trinken, stundenlang. Mittlerweile meldet das Rote Kreuz, dass alle Plätze belegt sind, die Kapazität von 950 Plätzen sei ausgeschöpft, so Markus Kaminski. "Mehr geht nicht." In Rahlstedt aber werden die Warteschlangen nicht kürzer.