Das Motto der Woche: Wer kalt duscht, hat mehr vom Leben. Urheber: Thilo Sarrazin, großer Sozialtheoretiker des 21. und 22.Jahrhunderts und Bundesbankvorstand auf Nebenerwerbsbasis. Diese kühne These des Sozialdemokraten hat hohe Wellen geschlagen. Weil sie mehrere Bereiche tangiert: Primär die Soziologie, sekundär die Ökologie und tertiär Dermatologie. Die öffentliche Diskussion hat aber die Reihenfolge verändert. Fortan heißt es: Vulgär die Soziologie, elitär die Ökologie und spektakulär die Demagogie.
Sarrazin ist ein rechtschaffener Mann. Er kann Leute nicht ausstehen, die sich willentlich oder genetisch bedingt blöd anstellen. Das und nur das wollte er eigentlich klar stellen. Und es geht ihm natürlich um das Verhältnis von Staat zu Bürger. Genau gesagt um das Verhältnis von Sozialstaat zu Sozialfall. Noch genauer gesagt um die tatsächliche oder vermeintliche Antriebsschwäche diverser Schichten. Und da müsse eben nachgeholfen werden. Nicht mit Geld. Das wird laut Sarrazin nur versoffen und verraucht. Und mit dem Rest (falls Migrationshintergrund als zusätzlicher Frustrationsvordergund) werden Kopftücher gekauft.
Nein, er ist sich sicher, es hilft nur eines: Kalt duschen.
Kaltes Wasser - gut für die Haut
Wer kalt duscht, versetzt den Körper in einen Alarmzustand. Eine belebende Wirkung, neben der Koffein bestenfalls ein Narkotikum ist, durchströmt jede Faser und macht dem Körpereinwohner klar: Heute ist ein kalter, wenn auch nicht unbedingt schöner Tag. Und dieser Tag muss genutzt werden. Wer es lang genug unter der eiskalten Brause aushält, mag sogar eine Art schaurig-halluzinatives Erlebnis haben. Professionelle Langzeitkaltduscher bezeichnen dieses Phänomen auch als Stalingrad-Idylle. Sarrazin erhofft sich durch das kalte Nass einen Hallo-wach-Effekt für das Unterschichtenhirn. Was das Nachmittagsprogramm der Privatsender endgültig verödet zu haben schien, soll also reanimiert werden.
Gleichzeitig hat Sarrazin auch betont, dass eine dauerhafte Hartz-IV-Karriere durch den Stammbaum vorgezeichnet und zerebral manifestiert ist. Es gibt also ein klassisches Hartz-IV-Hirn. Leider hat Sarrazin noch keine technischen Details darüber publiziert. Aber wahrscheinlich hat es weitaus weniger Synapsen als ein Durchschnittshirn, weil sie nicht gebraucht werden. Und insgesamt weniger Bestandteile, um unnötige Komplikationen zu verhindern. Diese bauliche Schlichtheit überträgt sich gemäß der Sarrazinschen Ausführungen von Generation zu Generation. Und dafür soll warmes Wasser und somit Atomstrom verschwendet werden? Das macht ja noch träger! Wer in Sozialwohnungen einen Boiler installiert, versündigt sich somit an den armen Menschen und behindert ihr Aufbäumen gegen ihr Schicksal, das angeblich sowieso schon besiegelt ist. Ganz zu schweigen von der dermatologischen Komponente: Kaltes Wasser hält die Haut straff. Und ist billiger und gesünder als Botox oder sonstiges chemisches Teufelszeug.
Der DFB und die Regierung
Nicht von ungefähr hat Sarrazin die Frage aufgeworfen: Welcher Warmduscher hat denn bitteschön jemals was erreicht im Leben?
Persönlich angegriffen fühlte sich da vor allem Berlins Chefanimateur Wowereit. Sinngemäß meinte dieser nämlich, dass er sich schon frage, ob es in der Bundesbank überhaupt kaltes Wasser gebe.
Wissenschaftlich wertvoll hingegen ist die Tatsache, dass die klassischen Warmduscher (DFB, Bundesregierung) sich diese Woche ganz bewusst eine kalte Dusche abgeholt haben. Diese beiden Chaostruppen sind neuerdings wahre Sarrazin-Jünger! Um sich von den Unterschichten abzuheben, haben sie sich auch sehr prominente Duschpaten angelacht: Die Bundesregierung das Bundesverfassungsgericht. Der DFB Argentiniens Elitekicker.
Bierhoff nervt, dauerhaft
Eigentlich war die Bundesregierung guter Dinge. Beim Aushöhlen elementarer Bürgerrechte hatte sie nie Bedenken oder gar ein schlechtes Gewissen. Dafür wurde Merkels Aushorchbande vom Bundesverfassungsgericht eiskalt abgespritzt. Das Urteil: Wer das Volk scham-, hirn- und sinnlos dauerüberwacht, sollte mal einen Grundkurs in Sachen Bürgerrechte bei der Volkshochschule buchen.
Einen Grundkurs in Sachen Geschlossenheit hingegen sollte der DFB absolvieren. Da wird nur noch im Trüben gefischt und in kommunikativen Darkrooms aneinander vorbei geredet. Bilanz der bewegten Wochen: Bierhoff geht allen auf den Sack. Ein Schiedsrichter angeblich seinen Kollegen an den selbigen. Und die Nationalmannschaft wird von Maradonas Zufallself nass gemacht. Erstaunlich und erbaulich ist aber die Schlussfolgerung von Bundestrainer Jogi Löw. Er prophezeit eine gute WM. Wahrscheinlich hat ihm Frau Merkel schon vor dem Spiel zugesichert, dass die Bundesregierung gerne behilflich ist beim Aushorchen der Gruppengegner.
Und Sarrazin? Den will die SPD ausschließen. Eine höhere Auszeichnung gibt es derzeit in Deutschland nicht.