Kritik an Sarrazin reißt nicht ab "Ein Zerrbild der Integration"

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus, sagt ein altes Sprichwort. Thilo Sarrazin erlebt dies schon vor der Veröffentlichung seines umstrittenens Buches "Deutschland schafft sich ab". Politiker aus SPD und CDU kritisieren seine Thesen als diskriminierend, die Türkische Gemeinde verlangt seine Ablösung als Bundesbank-Vorstand.

Die Kritik an Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin wegen dessen Äußerungen zur Migrationspolitik reißt nicht ab. Die Türkische Gemeinde in Deutschland forderte ein klares Signal von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) warf Sarrazin vor, Migranten mit seinen umstrittenen Thesen zu verletzen und pauschal zu diskreditieren. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), erhob schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator.

Mit der Veröffentlichung seines Buches "Deutschland schafft sich ab", habe Sarrazin alle Grenzen überschritten. "Das ist die Krönung eines neuen intellektuellen Rassismus und es schadet Deutschlands Ansehen im Ausland", sagte Kenan Kolat, Chef der Türkischen Gemeinde, der "Frankfurter Rundschau" (Samstag). "Ich fordere die Bundesregierung auf, ein Verfahren zur Absetzung von Thilo Sarrazin als Bundesbank-Vorstand einzuleiten."

Die CDU-Politikerin Özkan sagte: "Ich wünsche mir, dass Herr Sarrazin endlich stärker anerkennen würde, was auch die Zuwanderer für unser Land und den Wirtschaftsaufschwung geleistet haben." In der "Bild am Sonntag" kritisierte die erste türkischstämmige und muslimische Ministerin in Deutschland: "Es gibt unendlich viel fleißige Zuwanderer - diese verdienen Respekt, nicht Häme."

Die Integrationsbeauftragte Böhmer warf dem SPD-Mitglied Sarrazin vor, in seinem Buch stets nur die halbe Wahrheit zu sagen. "Sarrazin zeichnet mit seiner pauschalen Polemik ein Zerrbild der Integration in Deutschland, das jeder ernstzunehmenden wissenschaftlichen Untersuchung nicht standhält", sagte sie der "Bild am Sonntag".

Zahlreiche Politiker aller Parteien werfen Sarrazin vor, er schüre Vorurteile gegen Muslime. Die SPD hat ihm den Parteiaustritt nahegelegt. Das neue Buch, in dem Sarrazin davor warnt, die Deutschen könnten zu "Fremden im eigenen Land" werden, soll an diesem Montag erscheinen. Für den gleichen Abend wird Sarrazin in der ARD-Talkreihe von Reinhold Beckmann (22.45 Uhr) erwartet - zusammen mit der niedersächsischen Sozialministerin Özkan.

AFP
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