Drei Wochen vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen nimmt der Koalitionsstreit über Mindestlöhne an Härte zu. Während Kanzlerin Angela Merkel am Wochenende das Nein der CDU zu einem allgemeinen Mindestlohn bekräftigte, ging SPD-Chef Kurt Beck in scharfem Ton mit der Union ins Gericht und versicherte, seine Partei werde weiter Druck machen.
SPD will flächendenden Mindestlohn
"Die SPD wird die Mindestlöhne durchsetzen, Branche für Branche und am Ende auch flächendeckend", bekräftigte Beck im "Spiegel". Die Union habe bei dem Thema "ordnungspolitisch versagt", kritisierte er. "Im Prinzip ist die Weigerung der Union, Mindestlöhne durchzusetzen, doch Verrat an den ehrlich arbeitenden Menschen und den ehrlich wirtschaftenden Unternehmern in diesem Land."
Zugleich attackierte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident seine hessischen und niedersächsischen Kollegen Roland Koch und Christian Wulff (beide CDU) als "Erfüllungsgehilfen der Lohndrücker". Wer Vollzeit arbeite, müsse davon ohne staatliche Zuschüsse leben können, erklärte Beck. Dumpinglöhne seien ein Verrat an der sozialen Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards. "Die Union hat sich davon verabschiedet." Der Mindestlohn ist eines der Hauptthemen auf der Klausur des SPD-Vorstands in Hannover, der am Montag einen Zehn-Punkte-Plan unter dem Titel "Gute Arbeit" verabschieden will.
CDU setzt auf Kombilohn
Die CDU erklärte am Samstag auf ihrer Vorstandsklausur in Wiesbaden erneut, mit ihr werde es "Mindestlöhne, die Arbeitsplätze vernichten und Wettbewerb aushebeln, nicht geben". Sie plädierte für ein Mindesteinkommen als Kombination von Lohn und Lohnzuschuss. "Ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn ist nicht die richtige Antwort auf die Probleme in Deutschland", sagte die Parteivorsitzende Merkel der "Bild am Sonntag". "Mir ist es jedenfalls lieber, dass ein junger Mensch ohne Abschluss eine Arbeit hat - etwa mit einem staatlichen Zuschuss - als dass er seinen Job wegen eines zu hohen Mindestlohns verliert."
CSU-Chef Erwin Huber forderte die Union in der "Süddeutschen Zeitung" auf, sich von der SPD nicht weiter in die Defensive drängen zu lassen, sondern "deutlicher als bisher" ihr eigenes Konzept eines Mindesteinkommens darzustellen. "Ein ganz klares Nein" zum flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn sagte auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer im Deutschlandfunk.

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Ramsauer sagt ganz klares Nein
In der Union formiert sich laut "Focus" massiver Widerstand gegen SPD-Pläne für Regulierungen und einen Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche. Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Dagmar Wöhrl (CSU), sagte dem Nachrichtenmagazin: "Das Wirtschaftsministerium wird neue Fesseln nicht zulassen. Sie würden den mittelständischen Unternehmen die Luft zum Atmen rauben.
Der Mittelstandspolitiker Michael Fuchs (CDU) sprach sich strikt gegen Zugeständnisse wie bei der Post aus: "Es dürfen nicht wieder die Großen die Kleinen kaputt machen." Die baden-württembergische FDP-Chefin Birgit Homburger wandte sich gegen einen gesetzlichen Mindestlohn. Auf dem Landesparteitag in Stuttgart nannte sie es besonders erschreckend, dass nun auch Arbeitgeber nach einem Mindestlohn riefen. Das sei der pure Wahnsinn. "Wenn die Konkurrenz nicht aus dem Ausland kommt, dann kommt sie aus der Schwarzarbeit. Das kann doch nicht das Ziel sein."