Union Ärger im Westen, Süden und von der JU

In der Union wächst der Unmut über die Führungsriege. Die NRW-CDU ist verärgert über Merkel, die CSU wegen Seehofer, die Junge Union will die Gründe des schlechten Wahlergebnis wissen, und selbst ein künftiger Minister ist unzufrieden.

Kaum haben die Koalitionsgespräche zwischen SPD und CDU/CSU begonnen, knirscht es im Gebälk der Union. Für Unmut sorgen dabei regionale Befindlichkeiten, personelle Animositäten und grundsätzliche Debatten.

Der Reihe nach: Der designierte Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) hat den Verlauf der Koalitionsverhandlungen kritisiert. Es sei nicht nachahmenswert, dass erst über Namen und dann über Inhalte gesprochen worden sei, sagte der derzeitige sächsische Innenminister. Als Affront gegen Angela Merkel will er seine Äußerung aber nicht verstanden wissen, seine Beziehung zu ihr sei von großem Vertrauen geprägt.

Enttäuscht von der Kanzlerin in spe ist dagegen der CDU-Landesverband Nordrhein-Westfalen. Denn am schwarz-roten Kabinettstisch sollen in Zukunft zwar drei SPD-Minister aus Nordrhein-Westfalen sitzen, für das bevölkerungsreichste Bundesland und den stärksten CDU- Landesverband ist aber kein einziger CDU-Posten reserviert. Nun fühlen sich die West-CDUler von vernachlässigt. Der Ministerpräsident des Landes, Jürgen Rüttgers, sei deshalb tief verärgert. Rüttgers selbst zitierte die "Welt" mit den Worten: "Ich habe die Entscheidung von Frau Merkel zur Kenntnis genommen und werde sie nicht kommentieren.

Der Unions-Vizefraktionschef Wolfgang Bosbach wies aber darauf hin, dass sein Landesverband mit Norbert Lammert als Bundestagspräsident und Ronald Pofalla als künftigem CDU-Generalsekretär "prominent dabei" sei.

Bislang galt Rüttgers in parteiinternen Auseinandersetzungen stets als loyaler Verbündeter Merkels. Gerade deshalb sei er enttäuscht, heißt es. Der Ministerpräsident forderte wie der Bundesvorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, bei den Koalitionsverhandlungen wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit gemeinsam im Blick zu behalten.

Der zweite Unruheherd sitzt in Bayern und erregt sich am Namen Horst Seehofer. Dass CSU-Chef Edmund Stoiber ihn als künftigen Agrar- und Verbraucherschutzminister gegen den Willen Merkels durchgesetzt hat, führte in der Fraktion zu deutlicher Kritik. Merkel hatte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos das Verteidigungsressort angeboten, um die Nominierung von Horst Seehofer zu verhindern. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) sagte nun: "Wie es gelaufen ist, ist ärgerlich." Es sei nicht klar geworden, welches Ressort die CSU wirklich haben wollte. "Wenn keine klare Linie erkennbar ist, dann wird der Partei auch keine Kompetenz zugesprochen." Die Stimmung in der Landesgruppe sei gedrückt.

Von Stoiber verlangte Zöller, Entscheidungen in Zukunft besser mit der Landesgruppe abzusprechen. Seehofer stößt wegen seiner politischen Alleingänge bei vielen Abgeordneten von CDU und CSU auf Ablehnung. Stoiber will ihn allerdings in die Kabinettsdisziplin einbinden, um Querschüsse des CSU-Parteivizes gegen die Regierungsarbeit in Berlin und gegen ihn zu vermeiden.

Den Mangel an einer grundsätzlicher Debatte über die Versäumnisse der Union im Wahlkampf und das damit verbundene schlechte Abschneiden von CDU und CSU beklagt der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder. Gegen Merkels Willen will er an diesem Wochenende bei ihrem "Deutschlandtag" auch über das schwache Ergebnis diskutieren. stern.de sagte Mißfelder, dass die Debatte jetzt notwendig sei.

AP · Reuters
Mit Material von DPA/Reuters/AP