Unionsstreit CSU setzt sich ein bisschen durch

Das von der CSU abgelehnte und der CDU favorisierte Modell einer Kopfprämie zur Reform des Gesundheitswesens ist nach Ansicht der CSU vom Tisch. Eine Ansicht, die die Schwesterpartei allerdings nicht teilt.

Die CDU ist nach Angaben aus CSU-Kreisen vom Prinzip der Kopfpauschale bei der künftigen Krankenversicherung abgerückt. Die Gesundheitsexperten hätten sich am Freitag darauf verständigt, dass jeder Versicherte je nach seinem Einkommen belastet werde, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Kleinverdiener würden auf ihrem Konto also auch künftig weniger belastet als Großverdiener. Die CSU sei mit den Gesprächen "sehr zufrieden".

Kassenprämie wichtiger Schritt für CSU

Der "Schritt weg von der Kopfpauschale hin zur Kassenprämie" sei für die CSU ein wichtiges Ergebnis. Die Krankenkassen sollten künftig für jeden Versicherten die gleiche Prämie erhalten, unabhängig von dessen Einkommen. Über konkrete Zahlen sei nicht gesprochen worden. Noch völlig offen sei, wie der soziale Ausgleich organisiert und bezahlt werden solle, verlautete aus CSU-Kreisen. Die CDU wolle den Ausgleich aus Steuermitteln finanzieren, ohne das konkreter erklären zu können. Die CSU habe ihre Bedenken gegen eine Steuerfinanzierung bekräftigt.

Die Teilnehmer der Verhandlungsrunde

Der parlamentarische CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Volker Kauder (CDU), der bayerische Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU), die Generalsekretäre Laurenz Meyer (CDU) und Markus Söder (CSU) sowie je zwei Gesundheitsexperten beider Parteien. Für die CDU sind das nach Angaben aus Unionskreisen die gesundheitspolitische Fraktionssprecherin Annette Widmann-Mauz und der saarländische Gesundheitsminister Josef Hecken, für die CSU der Sozialexperte Horst Seehofer und die bayerische Sozialministerin Christa Stewens.

Die CDU widerspricht allerdings dieser Interpretation. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte der Nachrichtenagentur DPA "Keine Seite hat bislang ihre Position aufgegeben." Die CDU werde sich nicht mehr weiter über den Verlauf der Gespräche äußern, ehe es zu einer Einigung kommt.

Anderseits heißt es aber auch, dass die Gespräche in Berlin in einer guten Atmosphäre ohne persönliche Attacken verlaufen seien. Das nächste Treffen der Gesundheitsexperten von CDU und CSU soll am 31. Oktober in München stattfinden.

Das Treffen der Gesundheitsexperten fand unter strikter Geheimhaltung in Berlin statt. Es sollte den Streit über eine grundlegende Reform der Krankenversicherung beenden. Ein echter Durchbruch wurde ursprünglich nicht erwartet.

Im Vorfeld des Treffens wurde besonders der CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer scharf angegangen. Der Vorsitzende der CDU- Mittelstandsvereinigung, Peter Rauen, hat ihn zum Rückzug als Fraktions-Vize aufgefordert. "Ich bin der Meinung, er muss sich selbst prüfen, ob er mit dieser Außenseiterposition, mit dieser Nestbeschmutzung, die er ein ganzes Jahr betrieben hat, noch wirklich stellvertretender Fraktionsvorsitzender von CDU und CSU bleiben kann", sagte Rauen. Er bezog sich auf Seehofers ablehnende Haltung zu der von der CDU favorisierten Gesundheitsprämie.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Seehofer hat die Prämie, die so genannte "Kopfpauschale", wiederholt als "Sympathiekiller" bezeichnet. Er warf der CDU vor, es sei sozial ungerecht, wenn alle Versicherten den gleichen Pauschalbeitrag unabhängig von ihrem Einkommen zahlen müssten. Besonders strittig zwischen CDU und CSU ist die Finanzierung des so genannten Sozialausgleichs für Geringverdiener und Kinder.

Seehofer versündigt sich an Arbeitsplätzen

In der "Bild"-Zeitung nannte Rauen Seehofers Verhalten unverantwortlich. "Seehofer versündigt sich an den Arbeitsplätzen in Deutschland, weil er nicht bereit ist, angesichts der dramatischen Lage auf dem Arbeitsmarkt die Sozialsysteme vom Lohn abzukoppeln." Die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner kritisierte: "Als zuständiger Fraktionsvize für Gesundheit darf Horst Seehofer nicht nur seine Sicht der Dinge in die Öffentlichkeit tragen."

Die CSU hat bisher die von der CDU verlangte Einführung einer einheitlichen Gesundheitsprämie abgelehnt. Sie stört sich insbesondere an der Finanzierung des Sozialausgleichs aus Steuermitteln.

DPA
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