Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre Merkel auf dem heißen Stuhl

Hat die Regierung Informationen über tote Zivilisten beim Luftangriff von Kundus zurückgehalten? Die Kanzlerin sagt vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages: Nein. Ihr damaliger Vizekanzler Steinmeier spricht von einer diffusen Nachrichtenlage.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht im Umgang mit der Kundus-Affäre keine eigenen Versäumnisse. Merkel verwies am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages darauf, dass sie frühzeitig die Möglichkeit ziviler Opfer des verheerenden Luftangriffs vom 4. September 2009 angesprochen hatte. Zuvor hatte auch der damalige Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier sein Verhalten nach dem Angriff gerechtfertigt.

Merkel sagte, auch heute komme sie zu dem Schluss, dass alles, was sie vier Tage nach dem Angriff in ihrer Regierungserklärung gesagt habe, "unverändert gilt". Vor allem habe sie bereits unmittelbar nach den ersten Meldungen über den Angriff zu Zurückhaltung in den Stellungnahmen der Regierung ermahnt und darauf hingewiesen, dass es zivile Opfer gegeben haben könnte.

Nach heutigem Erkenntnisstand kamen bei dem von der Bundeswehr veranlassten Luftangriff auf von Aufständischen entführte Tanklaster mehr als hundert Menschen ums Leben, darunter viele Zivilisten. Mit Blick auf den damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), der den Angriff als militärisch angemessen eingestuft hatte, sagte die Kanzlerin, es habe zu dem Vorfall "unterschiedliche Bewertungen" gegeben. Sie habe Jung daher am Tag nach dem Angriff telefonisch aufgefordert, in seine Bewertung auch die bereits verfügbaren Berichte über zivile Opfer einzubeziehen.

Auch der derzeitige Ressortchef Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte den Angriff zunächst als "militärisch angemessen" bezeichnet, dies aber später korrigiert. Dazu sagte Merkel: "Ich habe ihm gesagt, dass ich die neue Bewertung sehr gut nachvollziehen kann." Positiv äußerte sich die Kanzlerin zur damaligen Zusammenarbeit mit dem heutigen SPD-Fraktionschef Steinmeier trotz des damaligen Bundestags-Wahlkampfs: "Wir haben da wirklich an einem Strang gezogen."

Steinmeier verteidigte vor dem Ausschuss seine zunächst zurückhaltende Bewertung des Luftangriffs. Die Nachrichtenlage sei damals unklar gewesen, sagte der SPD-Politiker. Er habe die weitere Aufklärung des Vorfalls abwarten und "Vorverurteilungen vermeiden" wollen.

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kng/AFP/DPA