Verdi-Chef Bsirske Streikbeobachter in der Südsee

Verdi-Chef Frank Bsirske scheint ein besonderes Verständnis von Solidarität zu haben. Während seine Kollegen bei der Lufthansa streikten, urlaubte er, angeblich in der Südsee. Dorthin befördert hat ihn angeblich ausgerechnet die Lufthansa, erster Klasse. Gratis.

Es mutete an wie ein schlechter Scherz, von dem die "Bild"-Zeitung am Freitag auf der ersten Seite berichtete. Demnach hätte Frank Bsirske, der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, ein sehr spezielles Verständnis von Solidarität. Das Blatt berichtet nämlich, Bsirske habe sich einen insgesamt fünfwöchigen Urlaub in der Südsee gegönnt, während die Kollegen der Lufthansa den Arbeitskampf mit dem Konzern ausfochten. Aber nicht nur das: Laut "Bild" soll Bsirske auch noch gratis geflogen sein - erster Klasse.

Nach Informationen des Blattes ist das Ehepaar Bsirske von Berlin über Frankfurt nach Los Angeles geflogen, von dort soll es weiter Richtung Südsee gegangen sein. Der Gewerkschaftsboss soll den Flug in der ersten Klasse umsonst bekommen haben, weil er als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Lufthansa sitzt.

Eine Verdi-Sprecherin bestätigte stern.de, dass Bsirske für eine Dauer von insgesamt fünf Wochen im Urlaub weilt. Sein Urlaub habe bereits begonnen, als seine Gewerkschaft noch mit der Lufthansa verhandelt habe, hieß es. Im Übrigen sei es auch nicht dringend erforderlich, dass Bsirske bei jedem Tarifstreit dabei sei. Verhandlungsführer im Streit mit Lufthansa ist Erhard Ott, Mitglied im Verdi-Bundesvorstand. Wohin der Chef verreist ist und ob er mit der Lufthansa unterwegs ist, wollte bei Verdi aber niemand sagen.

Bei der Lufthansa gibt man sich zugeknöpft. Dass Lufthansa-Aufsichtsräte in der Vergangenheit in der ersten Klasse gratis fliegen durften, ist weithin bekannt. Doch ob es auch heute noch Freiflüge bei entsprechenden Posten innerhalb des Unternehmens gibt, dazu äußert sich Lufthansa nicht. Sprecherin Amelie Lorenz sagte zwar, dass es Regeln dafür gebe, was Aufsichtsräte dürfen und was nicht, "aber zu den Details können wir nichts sagen".

Bereits vor einigen Tagen war Bsirske in die Kritik geraten, weil er als Gewerkschaftsboss und gleichzeitiges Aufsichtsratsmitglied zwischen den Stühlen sitzt: Lufthansa-Aktionäre hatten ihm vorgeworfen, durch die Streiks dem Unternehmen Schäden in Millionenhöhe einzubrocken.

Ulrike Klode