Außenminister Joschka Fischer wird dem Untersuchungsausschuss des Bundestages am 25. April Rede und Antwort zur Visa-Affäre stehen. Das haben die Obmänner der Parteien in dem Ausschuss am Donnerstag beschlossen. Sie einigten sich auf einen Vorschlag, den SPD und Grüne am Vormittag überraschend eingebracht hatten.
Befreiungsschlag der Opposition
Rot-Grün konnte im Gerangel um die Visa-Affäre einen Punktsieg erringen. Völlig unvermittelt hatten die Regierungs-Parlamentarier am Vormittag einen konkreten Zeitplan vorgelegt, welche Zeugen - vom Diplomaten über den BKA-Beamten bis zum Außenminister - wann vor den Ausschuss treten sollen. Der Antrag sah vor, dass Ex-Staatsminister Ludger Volmer am 21. April aussagt, der deutsche Botschafter in Kiew, Gerhard Stüdemann am gleichen Tag, und Fischer am 25. April. Rot-Grün setzte die Aussage des Ministers viel früher an, als die Union es gefordert hatte. Die Konservativen hatten lediglich auf einem Termin vor dem 12. Mai bestanden. Die Union drang bisher auf einen Termin vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai, um Rot-Grün vor dem Urnengang einen größtmöglichen Schaden zufügen zu können. Die Koalition hatte dagegen gezaudert, denn es gilt als Aussschuss-Weisheit, dass eine frühe Aussage Politikern eher schadet denn nützt.
Koalition ändert Taktik radikal
Mit der jetzigen Terminierung signalisiert die Koalition Selbstbewusstsein. Die Abgeordneten im Visa-Ausschuss zeigen nach außen, dass sie nach dem Studium der Akten davon überzeugt ist, dass die Fakten in der Visa-Affäre für den Außenminister sprechen. Zudem nutzt die Choreografie Fischer. Nach den Aussagen Volmers und Stüdemanns kann er auf den Komplex "Kiew" reagieren, die Vorgänge offensiv angehen. Der Termin liegt zudem so weit vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, dass genug Zeit verbleibt, um hochkochende Emotionen wieder abkühlen zu lassen und die Spin-Doctors auszusenden. Es ist auch kaum verwunderlich, dass Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück das Datum der Fischer-Anhörung umgehend begrüßte. "Das ist im Interesse aller Beteiligten", sagte er in Düsseldorf. Er hatte auf einem frühen Termin bestanden.
Streit über Paketlösung
Streit hatte es am Donnerstag gegeben, weil der rot-grüne Antrag genau vorschreibt, welche weiteren Zeugen wann angehört werden sollen. CDU-Obmann Eckart von Klaeden sperrte sich gegen ein zu enges Zeitkorsett. Neben Fischer und Volmer gehe es um mindestens weitere 48 Zeugen. Diese könnten nicht im Schnelldurchlauf vernommen werden, sagte er. Nachdem sich die Kontrahenten im Laufe der Sitzung am Donnerstag jedoch darauf einigten, dass auch bisher noch nicht benannte Zeugen benannt werden könnten, der Fahrplan flexibel gehandhabt werden soll, stimmte auch von Klaeden zu.
Gereizte Stimmung
Dass die Stimmung am Donnerstag dennoch gereizt war, zeigten nicht nur gegenseitige Vorwürfe, sondern auch ein Scharmützel, dass sich FDP-Mann Max Stadler mit dem Grünen Jerzy Montag vor dem Sitzungssaal lieferte. "Ich habe noch in keinem Ausschuss ein derart vergiftetes Klima erlebt", schimpfte Stadler, der stellvertretendes Mitglied im Ausschuss ist. Es sei an sich gute Praxis in Ausschüssen, dass man sich einvernehmlich auf Terminfragen einige. Diesen Brauch habe Rot-Grün mit der Überraschungsaktion verletzt. "Sie haben das Paket der Opposition einfach auf den Tisch geknallt. Das war nicht in Ordnung", sagte Stadler.