Angesichts der vielversprechenden Umfrageergebnisse der vergangenen Tage tritt die CDU auf die Euphorie-Bremse. Nach Fraktionschef Friedrich Merz warnte am Wochenende auch die Parteivorsitzende Angela Merkel davor, überheblich zu werden und die Wechselstimmung in Deutschland zu überschätzen. In der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« rief Merkel die Union auf, angesichts der positiven Umfragen und der Aufbruchstimmung »nüchtern« zu bleiben. »Eine klare Wechselstimmung ist noch nicht erreicht.«
Meinungsklima könnte sich ändern
Es sei erst noch die Aufgabe von CDU/CSU, die Stimmung für eine Ablösung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) herzustellen, sagte Merkel. Das »gegenwärtig schlechte Meinungsklima für Schröder kann, muss aber nicht bis September in dieser Schärfe anhalten«, betonte sie. Außerdem hätten jetzt einige »Interesse daran, uns hochzuschreiben, damit wir umso tiefer sinken, wenn auch wir vielleicht in schwerere See kommen«.
Unterstützung vom Fraktionsvorsitzenden
Der Fraktionsvorsitzende Merz warnte die Union ebenfalls vor zu großer Begeisterung nach der Kür des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber. »Die augenblickliche Euphorie kann auch gefährlich werden. Sie darf nicht den Blick darauf verstellen, dass die Bundestagswahl noch längst nicht gewonnen ist«, sagte Merz der »Passauer Neuen Presse«. Die jüngsten Umfragewerte der Union von 40 oder 41 Prozent nannte Merz »künstlich erhöht« und »eine Momentaufnahme«.
Wolfgang Schäuble zuversichtlich
Der frühere CDU-Chef Wolfgang Schäuble rechnet indes mit einem Regierungswechsel. »Ich glaube, dass wir die Bundestagswahl gewinnen werden«, sagte er dem Berliner »Tagesspiegel am Sonntag«. Gewinnen heiße für ihn, »dass wir stärkste Fraktion im Bundestag sein werden. Und wenn wir stärkste Fraktion sein werden, werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit Regierungsverantwortung übernehmen.« Schäuble meinte, Kanzler Schröder sei »in der unterhaltenden Kommunikation ein ernst zu nehmender Gegner. Wenn es um Kompetenz und um Substanz der Politik geht, ist die Union mit Edmund Stoiber überlegen.«
Kein Lagerwahlkampf
Der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers - Mitglied der zehnköpfigen Wahlkampfleitung der Union - kündigte im Deutschlandfunk einen reinen Kompetenzwahlkampf seiner Partei an. Auf einen Lagerwahlkampf gegen Rot-Grün werde die Union verzichten. Die Menschen wollten so etwas nicht mehr.
Alle Umfragen zeigten, dass die Union die Bundestagswahl im September gewinnen könne, sagte Rüttgers. Dies sei »eine ganz, ganz beachtliche Veränderung der politischen Landschaft. Vor einem Jahr hatte Schröder ja noch vor lauter Kraft nicht laufen können.« Nun zeigten sich jedoch die Fehler seiner Politik. Rüttgers: »Die Menschen trauen der Union wieder mehr zu. Sie trauen ihr eine moderne Politik zu, und sie wollen anscheinend auch einen Regierungswechsel.«