Neben dem bevorstehenden Brexit wird beim EU-Sondergipfel auf Malta die Flüchtlingskrise ein Thema sein. Hierbei geht es vor allem um die Frage, wie die Zahl der Flüchtlinge auf der zentralen Mittelmeer-Route reduziert werden kann. Die EU setzt bei ihrer Antwort auf das Bürgerkriegsland Libyen.
Rund 180.000 Menschen erreichten im vergangenen Jahr Europa über das zentrale Mittelmeer. Die EU setzt nun unter anderem auf eine bessere Ausbildung der libyschen Küstenwache. Diese soll Schlepperboote abfangen und die Menschen zurück nach Nordafrika bringen.
Vereinbarung mit Libyen bereits getroffen
Am Vorabend des Gipfels in Valletta schloss Italien mit Libyen bereits eine entsprechende Vereinbarung. Demnach sollen unter anderem die libysche Küstenwache und der Grenzschutz im Kampf gegen illegale Einwanderung unterstützt werden, sagte der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten der libyschen Einheitsregierung, Fajis al-Sarradsch, in Rom.
Das Abkommen sieht auch vor, dass die libysche Grenze im Süden, über die viele Migranten aus Afrika auf dem Weg in Richtung Europa kommen, besser geschützt werden soll.
Hilfsorganisationen übten scharfe Kritik an den geplanten Beschlüssen. Eine Zusammenarbeit mit Libyen, die vor allem der Abwehr von Migranten und Flüchtlingen diene, werfe die europäischen Grundwerte über Bord, kritisierte Oxfam. Die Organisation Pro Asyl und der Paritätische Wohlfahrtsverband sprachen in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel von einem "Tiefpunkt europäischer Flüchtlingspolitik".
Zustände in Libyen seien "katastrophal"
Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung warnte davor, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zurück nach Libyen bringen zu lassen. Die menschenrechtliche Situation in dem Land sei "katastrophal", sagte die SPD-Politikerin Bärbel Kofler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Deshalb "kommt eine Rückführung von Flüchtlingen nach Libyen unter diesen Umständen nicht infrage".
In dem Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels heißt es zu diesem Punkt, alle Maßnahmen würden gemeinsam mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) unter "voller Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts" veranlasst.
Theresa May muss Gipfel auf Malta frühzeitig verlassen
Konkrete Fortschritte soll es bereits in den kommenden Monaten geben. In dem Textentwurf wird die derzeitige maltesische EU-Ratspräsidentschaft aufgerufen, so schnell wie möglich einen Fahrplan dafür vorzulegen. Beim EU-Gipfel im Juni soll dann bereits über die ersten Erfolge berichtet werden können.
An den Beratungen in Valletta nimmt auch die britische Regierungschefin Theresa May teil. Nachmittags muss sie dann die Runde verlassen, denn die bleibenden 27 Länder wollen ohne sie über die Zukunft der EU nach dem britischen Ausscheiden aus der EU sprechen. May will im ersten Teil der Sitzung aber auch über ihr Treffen mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump informieren und ihre Vorstellungen vom künftigen Verhältnis zur EU vortragen.