Ein Statue zum Gedenken an die Ermordung von Armeniern im Osmanischen Reich 1915 ist in Paris offiziell eingeweiht worden. Bürgermeister Bertrand Delanoe enthüllte am Donnerstag die vier Meter hohe Bronze-Statue in Anwesenheit von Politikern und des aus Armenien stammenden Sängers Charles Aznavour. An der Zeremonie beteiligten sich auch Vertreter der armenischen Gemeinde in Frankreich, die bis zu 500.000 Menschen umfasst.
Die französische Nationalversammlung hatte das damalige Vorgehen gegen die Armenier im Osmanischen Reich vor zwei Jahren per Gesetz als "Völkermord" anerkannt und dadurch heftigen Protest der Türkei ausgelöst, die daraufhin ihren Botschafter aus Paris zurückrief. Das Schicksal der Armenier hat Franz Werfel in den "40 Tagen des Musa Dagh" (1933) geschildert.
Ein Volk wandert aus
Das alte christliche Kulturvolk der Armenier lebt über die ganze Welt verstreut. Nach Jahrhunderten der Fremdherrschaft von Assyrern bis Römern, Türken und Russen bekamen die Armenier erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 ihren eigenen Staat. In dem Land östlich der Türkei leben etwa 3,3 Millionen Armenier, in der ganzen Welt zerstreut weitere 7 Millionen Armenier. Die Diaspora reicht vom Vorderen Orient bis Nordamerika, wo mindestens 600.000 Armenier eine Heimat gefunden haben. In Deutschland leben etwa 20.000.
Mehrere Hunderttausend leben in Europa, vor allem in Frankreich. Berühmte Franzosen, etwa der Filmregisseur Henri Verneuil und der Fußball-Weltmeister Youri Djorkaeff, sind armenischer Abstammung. Im benachbarten Georgien sind sie mit 400.000 die stärkste Minderheit, im verfeindeten Aserbaidschan (über 100.000) nur noch eine Randgruppe. In der Türkei, die zu Zeiten des Osmanischen Reiches gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch 2,5 Millionen Armenier beherbergte, gibt es nur noch eine kleine Minderheit.
Der "erste Völkermord des 20. Jahrhunderts"
Hier begann mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges nach armenischer Sicht der "erste Völkermord des 20. Jahrhunderts". Weil die Türken die Armenier als gefährliche ausländische "Elemente" auf der Seite Russlands sahen, hatten 1915 bis 1917 die Truppen des Sultans 1,8 Millionen Armenier in Hungermärschen in die Wüste getrieben. Bei den Massakern und der Zwangsumsiedlung der armenischen Bevölkerung aus Ost-Anatolien in die Trockengebiete Syriens und Mesopotamiens waren nach armenischen Angaben rund 1,5 Millionen Menschen ums Leben gekommen.
Die Türkei hält diese Zahl für übertrieben, sie geht offiziell von etwa 200.000 Toten aus, internationale Historiker sprechen von rund 600.000 Toten. Ankara leugnet die Vertreibung von Armeniern nicht, möchte diese aber nicht als bewusst inszenierten Völkermord, sondern als Folge ungewollter Ausschreitungen und Krankheiten gewertet wissen.
Gut zehn Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung hat Armenien keinen Grund zum Jubeln. Zu sowjetischen Zeiten galt die kleine Bergrepublik südlich des Kaukasus-Gebirges als wohlhabend. Doch jetzt ist Armenien, das sich am 23. September 1991 von der Sowjetunion löste, verarmt, entvölkert, isoliert. Schuld an dem Niedergang ist der ungelöste Konflikt mit dem Nachbarn Aserbaidschan um die Enklave Berg-Karabach. Das Land lebt überwiegend von den Überweisungen der Auslands-Armenier mit ihren starken Gemeinden in Russland, Frankreich oder den USA.
Vom Ölboom am Kaspischen Meer ausgeschlossen
Dort kämpfte die armenische Bevölkerungsmehrheit mit Unterstützung aus dem Mutterland um die Abspaltung von Aserbaidschan. Als 1994 ein Waffenstillstand ausgehandelt wurde, hatte Armenien den Krieg praktisch gewonnen. Die Truppen der Aserbaidschaner waren aus Berg-Karabach vertrieben. Armenien hält seitdem sogar ein Fünftel Aserbaidschans besetzt. Doch politisch ist der Konflikt noch immer nicht gelöst - trotz der Vermittlung Russlands, Frankreichs und der USA. Aserbaidschan und der Erzfeind Türkei riegeln Armenien von der Außenwelt ab. Die einzigen Handelswege laufen über Georgien, das selbst immer wieder von Unruhen erschüttert wird, und Iran. Vom Ölboom am Kaspischen Meer blieb Armenien ausgeschlossen.