An Hamburgs Schulen ist das Verhüllen des Gesichts im Klassenraum nun offiziell untersagt. Ein erfolgreicher Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen macht die dafür nötige Änderung des Schulgesetzes möglich. Zustimmung gab es von allen anderen Fraktionen außer der Linken.
Durch die Novelle sind nun alle Kopfbedeckungen untersagt, die das Gesicht vollständig verschleiern. Das Tragen von einfachen Kopftüchern, aber auch von Schutzmasken – zum Beispiel aus Infektionsgründen – bleibt dagegen erlaubt.
"Schule und Gesichtsverhüllung verträgt sich nicht", sagte der SPD-Schulexperte Nils Hansen zur Begründung. So sehen das längst nicht alle Landesregierungen. Nach dem föderalen Prinzip in Deutschland ist jedes Bundesland selbst für seine Bildungspolitik zuständig.
Länder mit Verboten zur Gesichtsverhüllung
Allerdings hat die föderale Freiheit auch ihre Grenzen. Ein pauschal formuliertes Kopftuchverbot in den Schulgesetzen der Länder ist nicht möglich, das hat das Bundesverfassungsgericht 2015 festgelegt. Demnach trete der "Neutralitätsanspruch im Rahmen des staatlichen Erziehungsauftrags [...] hinter die Religionsfreiheit von Lehrkräften zurück".
Bayern und Niedersachsen hatten in der Folge nur die vollständige Verhüllung des Gesichts gesetzlich untersagt – also eine über das Kopftuchtragen hinausgehende Verschleierung. Ähnliches gilt in Hessen: Es sei "unverzichtbar für den Erziehungsprozess", so ein Sprecher des Kultusministeriums, "dass der jeweils andere sein Gegenüber auch als Individuum identifizieren könne" – das sei bei einer Vollverschleierung unmöglich.
In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein traten 2020 ebenfalls Verschärfungen der Schulgesetze in Kraft. So regelt die Landesregierung in Stuttgart, dass "nur in Einzelfällen" ein Verbot in Betracht komme, nämlich "wenn der Schulfrieden gefährdet" sei oder die "staatliche Neutralität" berührt werde. Auch Rheinland-Pfalz ergänzte in jenem Jahr sein Schulgesetz, um laut Bildungsministerium "das bereits bestehende Verbot der Vollverschleierung rechtlich abzusichern".
Länder ohne Verbot
Die Mehrheit der Bundesländer sieht jedoch keinen Regelungsbedarf. Nordrhein-Westfalen und Bremen argumentierten in der Vergangenheit damit, Einzelfälle nicht aufbauschen zu wollen. Es gebe schlicht zu wenige Situationen, bei denen es wegen einer Verhüllung zu Streit komme, um ein Gesetz zu rechtfertigen. Vollverschleierung sei an Schulen zwar nicht erwünscht, bei den Schulgesetzen gebe es jedoch keinen Anlass zur Verschärfung.
Auch im Saarland heißt es schlicht, dass "durch politische, religiöse, weltanschauliche oder ähnliche äußere Bekundungen" weder die Neutralität des Landes noch der Schulfrieden gefährdet oder gestört werden" dürfe. Ein ausdrückliches Verbot gilt somit nicht.
In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestehen keine expliziten Verhüllungsregelungen für Lehrerinnen.
Sonderfall Berlin
Bis vor kurzem war an Schulen in Berlin Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuches noch grundsätzlich verboten – mit Hinweis auf das Berliner Neutralitätsgesetz. Das Land wollte sogar vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um seine Regel durchzusetzen, aber das Verfassungsgericht lehnte den Fall ab. Somit darf auch Berlin seinen Lehrerinnen nicht (mehr) pauschal verbieten, ein Kopftuch zu tragen.
Quellen: Bundesregierung, Mediendienst Integration, "FAZ", "Spiegel", "Taz"