Es sind harte Tage für Wolfram Weimer. Erste knöpfte sich Trump-Freund Richard Grenell den Kulturstaatsminister vor, dann schaltete Alice Weidel auf Angriff. Die AfD-Chefin wirft Weimer vor, auf einer Plattform, die er vor seiner Zeit in der Bundesregierung gründete, Texte von ihr unerlaubt veröffentlicht zu haben.
Der Hintergrund: Weimer hatte am letzten Dienstag die Frankfurter Buchmesse mit einer Warnung vor "geistigem Vampirismus" von amerikanischen und chinesischen Tech-Konzernen eröffnet. Die Firmen würden daran arbeiten, das kreative Potenzial aus klugen Köpfen zu saugen und die Ideen zu nutzen, kritisierte der Staatsminister. Die Rede sorgte für größere Aufmerksamkeit – allerdings auch so, wie Weimer es sich kaum gewünscht haben dürfte.
Richard Grenell attackierte den Deutschen kurz nach dessen Auftritt öffentlich über die Plattform X. "Sein Name ist Wolfram Weimer, und er bezeichnet US-Unternehmen als ‚digitale Kolonialisten‘, die eine ‚Industrie des organisierten Raubs‘ seien", schrieb Grenell im Stil eines Fahndungsplakats. Dass Weimer schon seit Monaten gegen große Tech-Konzerne zu Felde zieht, jüngst sogar eine Zerschlagung von Google ins Spiel brachte, dürfte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
Ebenfalls kurz nach Weimers Auftritt bei der Buchmesse schickte Alice Weidel einen Anwalt los, um dem Staatsminister vorzuwerfen, er selbst habe geistiges Eigentum unrechtmäßig genutzt – im Online-Magazin "The European", dessen Verleger Weimer bis zu seinem Job in der Bundesregierung war. Die Plattform soll eine Vielzahl an Reden und Presseerklärungen von Politiker veröffentlicht haben, auch ohne deren Zustimmung. Allein fast 100 Beiträge von Alice Weidel hätten sich auf der Website befunden.
Vorwürfe gegen Weimer: Nouripour eilt zu Hilfe
Die AfD und das Trump-Lager – da gibt es gute Verbindungen. Stehen beide Angriffe womöglich im Zusammenhang? Das zumindest legt jetzt Omid Nouripour (Grüne) nahe, der Bundestags-Vizepräsident.
"Die Trump-Regierung schützt die Interessen der Tech-Riesen und ist deshalb sehr hart gegen ihre Regulierung in Europa. Alice Weidel stellt sich an die Seite von Trumps Geldgebern und damit gegen die deutschen Interessen. Das ist beschämend", sagt Nouripour dem stern.
Klären muss Weimer die Vorwürfe trotzdem. Denn unangenehm sind sie für ihn. Die "Weimer Media Group" hat in den vergangenen Jahren ausdrücklich damit geworben, dass auf dem Debatten-Portal "The European" mehr als "2000 renommierte Autoren aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft" schreiben würden, darunter Friedrich Merz, Alexander Dobrindt, Brad Pitt und Papst Franziskus. Womöglich waren es aber nur öffentlich zugängliche Reden und Pressemitteilungen und keine eigens verfassten, exklusiven Texte. CSU-Mann Dobrindt ließ am Wochenende jedenfalls wissen, nie für das Portal geschrieben zu haben.
Klaute das frühere Weimer-Portal also Texte, um womöglich die eigene Bedeutung hochzuschrauben und die Reichweite zu steigern? "Wir weisen diese Unterstellung klar zurück", heißt es von Seiten des Verlags. "The European ist ein kuratiertes Debattenmagazin. Neben journalistischen Texten und Originalbeiträgen hatte das Portal – vor allem in den Jahren vor der Pandemie – zahlreiche dokumentarische Texte."
Dabei seien vor allem wichtige Reden und Pressemitteilungen von Spitzenpolitikern der im Bundestag vertretenen Parteien mit Quellenangaben dokumentiert worden. "Dies war ein guter Beitrag für die demokratische Kultur, weil die Willensbildung des Parlaments und der Politik so einem breiten Publikum zugänglich gemacht wurde." Weiter heißt es: "Wenn einzelne Beiträge von Frau Weidel nicht mit ordentlichen Quellenangaben veröffentlicht wurden, sind das handwerkliche Fehler, die wir bedauern."