Lange hat Deutschland gezögert, abgewartet, taktiert. Nun schickt die Bundesregierung also doch Waffen in die Ukraine. Es ist das richtige Zeichen. Auch wir müssen helfen, den Wahnsinnigen in Moskau zu stoppen – aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, was eine Waffenlieferung bedeutet: Verantwortung. Insbesondere für diejenigen, die vor diesem grausamen Krieg fliehen müssen. Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten, doch diesmal müssen wir bereit dafür sein.
Mit den Waffenlieferungen ist Deutschland am Ukraine-Krieg beteiligt
Viel wurde in den vergangenen Tagen über eine Zeitenwende geredet, die die Invasion Russlands in der Ukraine heraufbeschworen hat. Die Bundesregierung hat dieser großspurigen Rhetorik Taten folgen lassen: 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr sowie Waffenlieferung an die Ukraine. Spätestens mit diesen Entscheidungen ist Deutschland – zumindest mittelbar – an diesem Krieg beteiligt.
Die Entscheidung, die Ukraine in ihrem Recht auf Selbstverteidigung zu unterstützen, ist vollkommen richtig. Doch sie geht über abgefeuerte deutsche Stinger-Raketen hinaus. Durch eine Beteiligung an diesem Krieg wächst auch Deutschlands Verantwortung für die zu sorgen, die vor Krieg, Leid und Zerstörung flüchten müssen. Und da reicht es nicht, das Brandenburger Tor in den Farben der ukrainischen Flagge anzustrahlen. Solidarität ist keine leere Worthülse, auch wenn es in diesen Tagen oftmals so wirkt. Wahre Solidarität bedeutet, wirklich etwas zu tun.
Das UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR beziffert die ukrainischen Geflüchteten schon jetzt auf 500.000. Weitere werden folgen. Und nicht wenige werden versuchen, Sicherheit in Deutschland zu finden. Diesmal müssen wir bereit dafür sein. Die Situation der Jahre 2015 und 2016, als sämtlichen Stellen mit der Aufnahme der Geflüchteten überfordert waren, gilt als mahnendes Beispiel: Sie darf sich nicht wiederholen. Wir dürfen nicht erneut zulassen, dass Menschen monatelang in überfüllten Flüchtlingsheimen ausharren müssen. Wir dürfen nicht erneut zulassen, dass das Gefühl der Sicherheit schnell dem der Perspektivlosigkeit weicht. Wir dürfen nicht erneut zulassen, dass sich Geflüchtete gegen ihren Willen isolieren müssen und keine Möglichkeit haben, an der Gesellschaft teilzunehmen.
Eine Situation wie 2015 muss verhindert werden
Wir müssen sofort damit anfangen, die Infrastruktur zu schaffen, um diese Situation zu verhindern. Wir müssen die Verantwortung dafür übernehmen, dass Geflüchtete sich möglichst schnell eingliedern können und ihnen die Möglichkeiten schaffen, mit Jobs Geld zu verdienen, um auch ihren Angehörigen in der Ukraine zu helfen, die vielleicht noch immer unter dem Überfall Russlands leiden.
Zehntausende Menschen sind auf der Flucht und werden mit offenen Armen empfangen

Die Verantwortung, die mit einer Waffenlieferung einhergeht, endet nicht mit der Kugel, die den Lauf einer deutschen Waffe verlässt – sie beginnt damit erst.
Noch haben wir einige Tage Zeit, bis vermehrt Geflüchtete an unseren Grenzen um Schutz bitten werden. Und diesmal können wir nicht behaupten, wir hätten nicht damit rechnen können.