Anzeige
Anzeige

Heike Birlenbach Lufthansa-Managerin: "Die Verspätungen und Wartezeiten waren teilweise unerträglich"

Heike Birlenbach ist Vice President Sales und seit Anfang 2017 verantwortlich für den weltweiten Vertrieb der Lufthansa Gruppe
Heike Birlenbach ist Vice President Sales und seit Anfang 2017 verantwortlich für den weltweiten Vertrieb der Lufthansa Gruppe
© Lufthansa
Lohnt sich die Premium Economy Class und wird sich der Chaos-Sommer an deutschen Flughäfen wiederholen? Wir sprachen mit Heike Birlenbach, die für den weltweiten Vertrieb der Lufthansa verantwortlich ist.

Andere große europäischen Fluglinien wie British Airways und Air France hatten sie bereits: eine vierte Reiseklasse an Bord ihrer Langstreckenflugzeuge – die Premium Economy Class, die zwischen der Business Class und regulären Economy Class angesiedelt ist. Diese neue "Zwischenklasse" hat Lufthansa erst vor fünf Jahren vorgestellt.

Nach und nach wurden die Kabinen der Interkontinental-Jets umgerüstet. Hat sich der Umbau gelohnt? Im Gespräch zieht Heike Birlenbach eine erste Bilanz. Sie ist Senior Vice President Sales und seit Anfang 2017 verantwortlich für den weltweiten Vertrieb der Lufthansa Gruppe, inklusive Swiss, Austrian und Brussels Airlines. Außerdem ist sie Chef Commercial Office für den Standort Frankfurt.

Was ist für einen Fluggast das Hauptargument, einen Flug in der Premium Eco zu buchen?

Insgesamt ist das Reiseerlebnis hochwertiger und das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr attraktiv. Der Gast hat im Vergleich zur Economy Class bis zu 50 Prozent mehr Platz mit deutlich mehr Beinfreiheit, einen größeren Bildschirm und er kann zusätzlich ein zweites Gepäckstück aufgeben. Die Speisen werden auf Porzellan serviert und es wird ein Welcome Drink angeboten. Außerdem erhält jeder Fluggast ein praktisches Reise-Set.

Haben sich der Kabinenumbau und die Investition von 170 Millionen Euro gelohnt?

Unsere Premium Economy Class ist ein Erfolg. Seit ihrer Einführung im Herbst 2014 haben wir die Premium Eco nicht nur in allen Langstrecken-Flugzeugen von Lufthansa, sondern inzwischen auch bei Austrian Airlines. Und gerade erst konnten wir die Umrüstung bei Brussels Airlines ankündigen.

Als einzige Airline der Lufthansa Gruppe hat dann nur Swiss keine weitere Reiseklasse zwischen der Business und Economy Class?

Nicht mehr sehr lange. Auch Swiss hat entschieden, ab Frühjahr 2021 eine Premium Eco anzubieten. Dann werden wir auf allen Langstreckenflügen eine solche Kabinenklasse haben.

Blick in die Kabine der Premium Economy Class an Bord einer Boeing 747-8 der Lufthansa
Blick in die Kabine der Premium Economy Class an Bord einer Boeing 747-8 der Lufthansa
© Lufthansa

Bei der Einführung hieß es, dass der Aufschlag für die Premium Eco nach Nordamerika 600 Euro betragen wird. Jüngste Preisabfragen haben ergeben: Das Premium-Ticket ab Frankfurt nach New York kostet nur 140 Euro pro Strecke mehr, nach Indien 160 Euro.

Das hängt ganz von Angebot und Nachfrage ab. So sind die Premium-Klassen auf Flügen von und nach China sehr schnell ausgebucht, auch die Premium Eco. Dort besteht später kaum eine Upgrade-Möglichkeit. Es gibt aber auch Destinationen, wo durchaus auch kurzfristig noch Plätze für die Premium Eco gekauft werden können.

Sind viele Geschäftsleute aus der teuren Business Class zur preiswerten Premium Eco abgewandert?

Bei der Einführung waren wir nicht sicher, wie die Verteilung der Kundengruppen genau aussehen wird und inwiefern Gäste aus der Business Class abwandern würden. Wir haben durchaus auch Geschäftsleute in der Premium Eco. Der Anteil Privatreisender steigt jedoch stetig. Sie kaufen oftmals ein Upgrade gleich bei der Buchung oder kurz vor Abflug.

Bleiben auf Flügen auch Sitze in der Premium Eco leer?

Ich kann ihnen aktuelle Zahlen nennen: Im Jahr 2018 hatten wir eine durchschnittliche Auslastung von über 80 Prozent. Und im selben Zeitraum haben wir 95.000 Upgrades in die Premium Economy verkauft…

… an Passagiere, die nur ein reguläres Economy-Ticket erworben hatten?

Ja, wir bieten sowohl im Buchungsprozess als auch danach und spätestens am Flughafen die Möglichkeit zum Upgrade in die Premium Eco an. Interessant ist: Die Hälfte entscheidet sich spontan beim Check-in für ein Upgrade.

Weil der Aufpreis dann gering ist?

Wir steuern die Auslastung über den Preis. Das hängt vom jeweiligen Ziel, Reisemonat und sogar vom Wochentag ab. In Märkten wie den USA, in denen Upgrades am Gate seit Jahren üblich sind, ist die Nachfrage nach Upgrades höher, da es dort schon gelebte Praxis ist.

Auf welchen Strecken sind die Chancen für ein kurzfristiges Upgrade am besten?

Es handelt sich vor allem um Routen in den Nahen Osten und nach Afrika, mit Ausnahme von Südafrika. Diese sind zwar auch recht gut ausgelastet, allerdings nicht ganz so hoch wie alle anderen Regionen.

Passagiere der Boeing 747-8 haben sich über die Lage der Premium Economy beschwert, zwischen den Toiletten und zwei Segmenten der Economy Class…

… das ist ein Sonderfall. Für dieses Flugzeug gab es durch die Lage der Küche und Notausgänge keine optimale Lösung. Das Thema wird es aber bei den nachfolgenden Flugzeug-Mustern nicht mehr geben. Im Normalfall ist die Premium Eco hinter der Business Class mit ungefähr 28 Plätzen positioniert.

Sie sprechen von der Boeing 777X. Wird der Jet mehr Sitze in der Premium Economy haben, wenn die Klasse so erfolgreich ist?

Die neue Boeing 777-9 werden wir im Herbst 2020 einführen. Die genaue Sitzkonfiguration haben wir noch nicht veröffentlicht.

Gibt es Bedarf, an dem Produkt etwas zu ändern?

Es wird auf der Boeing 777-9 in allen drei Klassen weiterentwickelte Produkte geben, die dem Fluggast ein neues Reiseerlebnis bieten, auch in der Premium Economy. Details werden wir zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.

Bald sind sie auch für den Vertrieb von je drei zusätzlichen Langstreckenjets von Eurowings zuständig, die ab Frankfurt und München fliegen. Werden Sie deren Innenausstattung entsprechend anpassen?

Wir übernehmen zunächst die Airbus A330 der Sunexpress in der aktuellen Konfiguration inklusive einer Art Economy Plus, aber noch ohne Business Class. Die Umrüstung aller Flugzeuge startet nun jedoch bald, so dass in 2020 neben Economy, Premium Economy auch eine Business Class angeboten wird, weil es auch im touristischen Segment durchaus eine Nachfrage nach Premium-Klassen gibt.

Sie sind als Chef Commercial Officer auch für das Drehkreuz Frankfurt verantwortlich. An diesem Flughafen haben Reisende im Sommer 2018 auch chaotische Tage erleben müssen...

… die Verspätungen, Flugausfälle und Wartezeiten waren teilweise unerträglich für die Kunden und ebenso nicht akzeptabel für uns. Wir haben bereits viele Maßnahmen in die Wege geleitet. Vieles lässt sich aber nur in Zusammenarbeit mit den Airports und Behörden verbessern.

Die Sicherheitskontrolle in Frankfurt erwies sich im vergangenen Jahr als ein Nadelöhr.

Richtig. Hier muss eine Beschleunigung stattfinden. In Frankfurt schafft die Security gerade mal 80 Gäste pro Stunde und Schleuse. Der Durchschnitt in Europa liegt dagegen bei 200 Passagieren. Hier gibt es allerdings jetzt schon Entlastung durch eine erhöhte Anzahl von Schleusen, weitere Maßnahmen sind bereits in Planung durch die Behörden. .

Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, damit sich ein Alptraum wie in der vergangenen Hochsaison nicht wiederholt?

Wir übernehmen Verantwortung für unseren eigenen Bereich und haben 250 Millionen Euro für entsprechende Maßnahmen bereitgestellt: Wir entzerren unserer Flugpläne, messen und überarbeiten unsere Bodenprozesse und schaffen zusätzliche Flugzeuge an. Insgesamt werden wir innerhalb der Lufthansa Gruppe im Sommer 2019 über 37 Reserveflugzeuge verfügen, 15 mehr als im Vorjahr. Das entspricht in Summe der Mittelstreckenflotte anderer Fluggesellschaften.

Die Lufthansa steuert in Frankfurt nicht mehr nur auf Wachstum. Weden Sie weitere Teile der A380-Flotte nach München verlagern?

Wir haben bereits entschieden, in Frankfurt unser Wachstum etwas zu drosseln. Qualitatives Wachstum ist da ein Stichwort. Wir müssen das Wachstum auch infrastrukturell managen können, um unserem Anspruch den Kunden gegenüber gerecht zu werden.

Flugreisende kennen inzwischen ihre Rechte besser und fordern bei Unregelmäßigkeiten eine Ausgleichzahlung ein. Holen Sie diese Beträge von Dritten wieder, wenn Sie selbst nicht der Verursacher sind?

Oftmals ist es nicht so einfach, eine singuläre Ursache auszumachen. Häufig spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Natürlich würden wir die Belastungen gerne an originäre Verursacher weitergeben, doch dies ist kaum möglich. Unser Ziel bleibt es, den Grund für eine Ausgleichszahlung gar nicht erst entstehen zu lassen und den Kunden pünktlich und zufrieden zu seinem Zielort zu bringen.

Interview: Till Bartels

Lesen Sie auch:

Stern Logo

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel