Nach Ferraris schlechtestem Formel 1-Saisonstart seit 28 Jahren beklagt Italien den Absturz seines vergötterten Traditionsrennstalls. "Wo sind die Weltmeister? Was ist nur bei Ferrari los?", fragte die entsetzte "La Repubblica" am Montag. Nach der erneuten Doppelpleite beim Großen Preis von China am Sonntag verkommt die ruhmreiche "Scuderia" als WM-Schlusslicht mit null Punkten zur Lachnummer der Königsklasse. "Da muss man sich dann schon fragen, inwiefern es Sinn macht, die Saison abzuhaken und sich schon auf das nächste Jahr zu konzentrieren", meinte Rekord-Weltmeister und Ferrari-Berater Michael Schumacher angesichts des deutlichen Rückstands zu den Rivalen.
Langsam und unzuverlässig
"Il Cavalino rampante" lahmt. Der rote Rennwagen mit dem springenden Pferd auf der Kühlerhaube ist langsam und unzuverlässig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Vize-Weltmeister Felipe Massa musste seinen Boliden in Shanghai nach einem Defekt vorzeitig abstellen. Teamkollege Kimi Räikkönen schlich als Zehnter ins Ziel. Im Ferrari-Werk läuten die Alarmglocken. "Jetzt dürfen wir nicht in Panik verfallen", mahnte Teamchef Stefano Domenicali. Ruhe bewahren und weiterarbeiten, lautet sein Motto. Zumindest bis zur traditionellen Dienstagsitzung in Maranello, bei der Domenicali & Co. ein Donnerwetter von Fiat- und Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo zu erwarten haben.
Der Ferrari-Boss hatte schon vor dem China-Rennen Klartext gesprochen: "Ich will nicht, dass sich Ferrari bei jedem zur Komödiantentruppe macht!". Zum letzten Treffen brachte di Montezemolo den verdutzten Ferrari-Ingenieuren dann eine Mönchskutte mit - als Symbol für eine menschliche und gelassene Zusammenarbeit, auch in dieser schwierigen Situation. Sein anstehender Besuch dürfte weniger väterliche Züge haben. Nicht wenige erwarten eher eine Inquisition.
In Maranello läuft das Ultimatum
Piloten und Techniker stehen in der Kritik, in Maranello läuft das Ultimatum: Schafft Ferrari in Bahrain und Spanien kein Comeback, wird dieses WM-Jahr abgeschrieben. Doch Domenicali will die Saison noch nicht verloren geben. "Nach drei Rennen mit null Punkten dazustehen, tut weh. Aber wir haben einen Plan", sagte der Teamchef. In Bahrain soll das Energie-Rückgewinnungssystem Kers Ferrari wieder heranbringen, am 10. Mai in Spanien will man dann mit dem eiligst nachgerüsteten Doppel-Diffusor wieder konkurrenzfähig sein.
"Wir wissen, was zu tun ist", sagte Räikkönen. Den weiterhin enttäuschenden Finnen aber haben die Tifosi längst aufgegeben. "Sein Feuer ist erloschen", urteilte die "La Gazzetta dello Sport". Einziger Hoffnungsträger bleibt so Massa, der in Shanghai bis zum Ausfall seines Autos grandios aufgeholt hatte. "Wir werden es schaffen", beruhigte der Brasilianer die Fans.
Wenn nicht, wird es in Maranello weitere personelle Konsequenzen geben. Erstes "Bauernopfer" vor Shanghai war Luca Baldisserri: Der Teammanager musste zu Hause bleiben, um sich um die Weiterentwicklung des F60 zu kümmern. Ob dies wirklich eine Strafe war? Zumindest musste er so die dritte Nullnummer nicht persönlich miterleben.