Torwart-Debatte Yann Sommer wollte mit den Bayern Titel gewinnen – nun ist er für viele der Sündenbock

Yann Sommer steht stark in der Kritik. Das gilt allerdings für die ganze Mannschaft.
Yann Sommer steht stark in der Kritik. Das gilt allerdings für die ganze Mannschaft des FC Bayern.
© Matthias Hangst / Getty Images
Als Yann Sommer zum FC Bayern wechselte, wurde der Transfer als gelungener Coup gefeiert. Was der Keeper damals nicht ahnte: Er heuerte bei einem Klub an, der in eine schwere Krise stürzten sollte – der Ex-Gladbacher wird von vielen als eine Ursache betrachtet.

Ist es Pech oder Unvermögen? Im Spiel beim 1. FSV Mainz 05 sah Torwart Yann Sommer erneut unglücklich aus. Die Bayern lagen verdient mit 1:0 gegen die Hausherren in Führung, die erste Halbzeit war klar an das Team von Thomas Tuchel gegangen. Kaum jemand rechnete damit, dass der Außenseiter Mainz noch eine Chance bekommen sollte. Doch es kam anders.

Bei einem Angriff der Hausherren bekamen die Bayern den Ball nicht aus der Gefahrenzone. Das war der erste Fehler in dieser Situation. Den zweiten beging der Keeper. Einen Schuss von Jae-Sung Lee konnte Sommer nicht festhalten und wehrte ihn unglücklich nach vorne ab. Dort stand Ludovic Ajorque und nickte den Ball bloß noch ins Tor. Dem Ausgleich folgten zwei weitere Mainzer Treffer, ohne das die Bayern eine nennenswerte Gegenwehr zeigten. Daran trug Sommer nicht allein die Schuld, aber er hatte die Niederlage maßgeblich mit eingeleitet.

Sommer in der Rolle des Sündenbocks

Wie so vieles in der aktuellen Bayern-Krise wird nun auch Sommer infrage gestellt. Auf einmal sieht sich der 34-Jährige in der Rolle des Sündenbocks, dabei war er als hoffnungsvoller Ersatz von Manuel Neuer von Borussia Mönchengladbach nach München gewechselt. Sogar als ernsthafter Konkurrent der Nummer eins wurde er betrachtet, wenn Neuer nach überstandenem Unterschenkelbruch zur neuen Saison wiederkehren wird. 

Davon spricht niemand mehr und der Torwart hat kräftig dazu beigetragen. Schon im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales gegen Paris Saint-Germain hatte der Schweizer auf hanebüchene Weise einen Ball vertändelt, und nur einer sensationellen Rettungstat von Verteidiger Matthijs de Light war es zu verdanken, dass PSG kein Tor erzielte.

In den Spielen gegen Manchester City zeigte Sommer Fehlpässe und Ungenauigkeiten im Zusammenspiel mit den Kollegen, wenn der Gegner presste. Unter Druck steigt bei ihm die Fehleranfälligkeit auffällig an. Wird der Raum eng, fehlen dem Keeper die Übersicht und die notwendige Ballsicherheit für präzise Anspiele. "Für mich war der Torwart heute heillos überfordert. Der Torwart hat heute maßgeblich - und nicht nur heute, auch in den letzten Wochen - die Mannschaft verunsichert“, urteilte "Sky"-Experte Dietmar Hamann nach der Hinspiel-Niederlage gegen Manchester City. Dass die Abwehr einen Teil der Schuld trägt, gehört genauso zur Wahrheit, am Ende bleibt es am Torwart hängen.

Yann Sommer ist kein Stabilitätsfaktor

Die Wackler verfestigen den Eindruck: Sommer ist nicht der Stabilitätsfaktor, der er gerade in der aktuellen Situation sein müsste. "Yann Sommer hat nicht ansatzweise die Klasse Neuers als Torwart", urteilte der "kicker" hart. Das mag übertrieben sein, weil niemand sagen kann, ob die Bayern mit Neuer nicht genauso in Schwierigkeiten steckten. Dass Sommer besser spielen und Siege mit seinen Paraden festhalten kann, hat er bei den Bayern bewiesen, aber was zählt das, wenn der negative Eindruck überwiegt?

Man darf davon ausgehen, dass sich Sommer sein Engagement beim FC Bayern München ganz anders vorgestellt hat. Er wollte Deutscher Meister werden (kann er ja noch), den Pokal gewinnen und vielleicht sogar die Champions League. Der Wechsel im Januar schien sinnvoll zu sein. Der Schweizer Nationalkeeper, einer der besten der Bundesliga und begehrt auf dem internationalen Transfermarkt, hatte besonders in den Spielen gegen die Bayern herausragende Leistungen auf der Linie gezeigt. Seine Reflexe gehören zu den schnellsten, die es gibt.

Stattdessen ist er in einem Albtraum aufgewacht. Trainer Julian Nagelsmann, der den Transfer unterstützte, wurde in einer Hauruck-Aktion gefeuert, die Mannschaft verspielte zwei der drei Titel und verlor die Tabellenführung an Borussia Dortmund. Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic stehen im Kreuzfeuer der Kritik, der komplette Verein scheint zu taumeln. Der neue Trainer Thomas Tuchel ist ratlos und in den Medien wird darüber spekuliert, ob nicht lieber wieder Ersatztorwart Sven Ulreich ins Tor zurückkehren sollte. Sommers Vertrag läuft bis 2025. Ob er den Wechsel bereut, ist nicht bekannt. Geäußert hat er sich zu der Frage nicht.

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