Champions League Klare Niederlage: Manchester City zeigt FC Bayern München die Grenzen auf

Bayern München-Manager Thomas Tuchel in Manchester
Bayern München-Manager Thomas Tuchel in Manchester
© Nick Potts / PA Wire / DPA
Sehen Sie im Video: Tuchel nach Niederlage gegen Manchester City: "Weigere mich, das Ergebnis in den Mittelpunkt zu stellen".




STORY: Hinweis: Dieser Beitrag wird Ihnen ohne Sprechertext gesendet. Thomas Tuchel, Trainer Bayern München "Ja klar, wenn man mal isoliert aufs Ergebnis schauen, dann scheint es unmöglich. Aber wenn man ehrlich ist: Es ist Fußball, alles kann passieren. Wir werden jetzt nicht das Spiel wegstecken, auf gar keinen Fall. Dazu ist es zu wichtig. Dazu freuen wir uns sehr, dazu sind wir viel zu viel zu angefressen. Jetzt auch viel zu sauer. Und ich glaube, dass jeder, der gespielt hat, jeder, der dran war am Spielfeld gemerkt hat, dass wir dran sind, das Ding auf unsere Seite zu ziehen. Auch heute schon. Und daran werden wir versuchen, jetzt die Mannschaft zu erinnern und da drin zu halten. Ich habe so viele gute Sachen gesehen, dass ich mich weigere, das Ergebnis heute in den Mittelpunkt zu stellen. Ich weigere mich schlichtweg. Ich weiß, es mag blöd klingen und vielleicht so wie Sie sagen nicht Bayern-like, aber so ist es heute. Es ist heute so, das müssen alle akzeptieren. Ich war sehr stolz an der Seitenlinie, so wie wir gespielt haben, wie wir aufgetreten sind. Wie ich gesagt habe, wir waren mutig, wir hatten die richtige Persönlichkeit." "Upa ist noch jung, wir haben eine sehr junge Innenverteidigung, da beißt die Maus keinen Faden ab. Das ist halt einfach so und jeder, der auf dem Niveau Fußball gespielt hat, jeder, der so viele Spiele macht, macht irgendwann auch mal einen Fehler in einem Bereich des Spielfeldes, wo es nicht passieren sollte. Aber es ist halt heute nun mal passiert und dann wurden wir ja brutal bestraft. Jeder hat es gesehen und es hat halt, hat uns heute das Spiel gekostet, natürlich unterm Strich. Aber ok, weiter geht's. Upa hat top Spiele gemacht, zuletzt super, sehr stark gespielt. Abgesehen von den zwei drei Situationen, weil er ein bisschen die Entscheidung für sehr viel Risiko genommen hat. Aber okay, ist noch jung. Weiter geht's."
In der Champions League hat der FC Bayern München trotz guten Spiels eine klare Niederlage gegen Manchester City hinnehmen müssen. Im Rückspiel sind die Chancen der Bayern auf das Halbfinale nun gering.

Auf der Tribüne litten Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic mit versteinerten Mienen. Thomas Tuchel umarmte nach der schmerzhaften Pleite im Gigantenduell noch schnell Pep Guardiola, ehe für den Coach des FC Bayern die Aufbauarbeit für das nötige Fußball-Wunder von München begann. Der FC Bayern steht nach einem 0:3 (0:1) in Viertelfinal-Hinspiel der Champions League bei Manchester City vor dem Aus. "Ich sehe das Ergebnis überhaupt nicht", sagte Tuchel bei Amazon Prime Video. Sie seien in ihren besten Phasen bestraft worden. "Ich weigere mich, irgendwie die Leistung schlechtzureden, ich bin hochzufrieden."

In einer höchst packenden Königsklassen-Show verspielten die Münchner am Dienstag auch durch eigene Fehler nach der Pause eine bessere Ausgangslage für das Rückspiel am kommenden Mittwoch zu Hause. "Brutal, vor allem die ersten 60 Minuten waren sehr, sehr gut", sagte Kapitän Joshua Kimmich gezeichnet und mitgenommen von einem schweren Kampf mit einem blauen Auge. Matthijs de Ligt äußerte: "Das Resultat ist bitter."

Unter Tuchels Vorgänger Julian Nagelsmann hatten die Bayern acht Siege in acht Spielen der europäischen Meisterliga gefeiert. Nun kann nur ein großer Abend die Bayern, die auch schon im DFB-Pokal vorzeitig gescheitert sind, noch retten. "Ich habe schon das Selbstvertrauen und das Vertrauen in die Mannschaft, dass wir im Rückspiel etwas holen können", betonte Kimmich. 

Nach einem Traumtor von Rodri (27. Minute) leitete Dayot Upamecano mit einem schweren Patzer das 0:2 durch Bernardo Silva (70.) ein. Superstürmer Erling Haaland, Vorbereiter beim 2:0, schockte die Bayern mit einem weiteren Treffer (76.).

Manchester City offensiv stärker

Angetrieben vom früheren Manchester-Star Leroy Sané schnupperten die Münchner zwar wiederholt am Ausgleich, doch die Cityzens waren offensiv einfach wuchtiger. Bei Wind und Regen feuerte der neue Bayern-Coach Thomas Tuchel, der auf Kapitän Thomas Müller in der Startelf verzichtet hatte, sein Team ebenso emotional mit Gesten und Rufen von der Linie aus an, wie der frühere Münchner Trainer Pep Guardiola das Heim-Team. Seine Starauswahl unterstrich imposant, warum City der große Favorit auf den Titelgewinn in dieser Saison ist.

Die beiden Trainer-Giganten reichten sich schnell noch mit einem Lächeln die Hände, dann konnte es losgehen. Und wie! Im Dauerregen standen Tuchel und Guardiola unter Vollstrom, bisweilen nur ein paar Meter voneinander entfernt. Und auf dem rutschigen Rasen versuchten die Münchner, die massive Manchester-Startphase erstmal zu überstehen.   

FC Bayern München ohne Thomas Müller

Tuchel hatte sich aus taktischen Gründen gegen Müller entschieden. "Ich liebe Thomas, aber wir erwarten kein typisches Thomas-Müller-Spiel", hatte der Bayern-Coach beim Streamingdienst Amazon Prime Video betont. Den Verletzungsausfall von Eric Maxim Choupo-Moting versuchten die Münchner mit Beweglichkeit in der Offensive zu kompensieren. Schnell, wendig und dribbelstark waren die geforderten Prädikate.

Und es deutete zunächst einiges darauf hin, dass Tuchel seine Mannschaft gut auf die gefürchtete Guardiola-Elf eingestellt hatte, die in den vergangenen acht Pflichtspielen acht Siege mit 31:3 Toren erzielt hat – darunter das 7:0 im Achtelfinal-Rückspiel daheim gegen RB Leipzig mit dem Fünferpack von Haaland. 

Erling Haaland zunächst kein Problem

Die Bayern hatten nach Aussage von Sportvorstand Hasan Salihamidzic vor rund einem Jahr "nicht das nötige Kleingeld" für den Norweger gehabt. Relativ im Griff hatten sie ihn nun. Eine halbe Chance in der fünften Minute, ein mutig-optimistischer Pass im letzten Moment von Bayern-Keeper Yann Sommer vor Haaland und ein weiterer Schuss des 22-Jährigen, den der Schweizer problemlos parierte – das war's erstmal von Haaland. 

Der Startminutendrang von City war etwas gebremst, die Bayern boten Manchester wenig Räume und versuchten ihrerseits, den Ball zu halten. Trotz des massiven Potenzials von Manchester musste ein Kunstschuss her. 

Frust bei Tuchel, Freude bei Guardiola

Sekunden zuvor hatte Nationalspieler Jamal Musiala noch die Bayern-Führung auf dem Fuß gehabt, sein Schuss aus rund zwölf Metern wurde aber abgeblockt. Auf der Gegenseite ließ sich Musiala zu leicht austricksen und Rodri nahm Maß, der Ball schlug im Tordreieck ein. An der Seitenlinie reckte Tuchel aus Frust die Arme nach oben, parallel drehten sich die beiden Trainer-Stars mit unterschiedlicher Gefühlslage Richtung Bank. 

Und mit dem Tor kam auch wieder die Souveränität im Spiel von Manchester zurück. City demonstrierte, warum die Mannschaft der Titelfavorit ist. Die Bayern hielten weiter gut dagegen. Es fehlte aber an der Wucht. Gefährlich wurde es vorn, wenn Ex-City-Profi Sané beteiligt war, wie bei einem Distanzschuss in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. 

Sommer bügelt Patzer aus

Im Spiel nach hinten verdiente sich Dauerkämpfer Joshua Kimmich Bestnoten, die Topchance zum möglichen 2:0 durch City-Kapitän und Nationalspieler Ilkay Gündogan nach einem Abklatscher von Sommer beim Herauslaufen konnte aber auch Kimmich nicht verhindern. Letztlich machte Sommer seinen Patzer wieder gut und parierte mit dem Fuß.

Halbzeit-Fazit von Bundestrainer Hansi Flick: "Das Spíel ist auf einem sehr hohen Niveau." Man habe aber schon gemerkt, dass beide Mannschaften Respekt voreinander hätten. Vor den Augen auch von Flick, der ihn zuletzt nicht nominiert hatte, verbuchte Sané mit einem Flatterball den ersten Torschuss Sekunden nach dem Seitenwechsel und leitete turbulente Minuten ein. 

Upamecano unglücklich

Eine weiteren Sané-Chance parierte Ederson zunächst. Nach einem Missverständnis zwischen Sommer und dem unglücklich agierenden Dayot Upamecano ging es im Bayern-Strafraum hoch her, nur mit viel Mühe und Glück verhinderten die Bayern den zweiten City-Treffer. 

Und wieder auf die andere Seite, wieder Sané, wieder Ederson. Danach musste noch mal Sommer sein ganzes Können aufbieten gegen eine immer wieder von Kevin De Bruyne angetriebene City-Mannschaft – der Belgier musste aber gut zwanzig Minuten vor dem Ende angeschlagen raus. Auch Tuchel tauschte Personal: Sadio Mané, einst beim FC Liverpool, kam für Musiala.

Bayern droht das Aus in der Champions League

Das Problem aber war hinten. Upamecano wirkte die ganze Zeit schon nicht sicher und verlor völlig unnötig an Jack Grealish den Ball. Pass zu Silva, Tor. Tuchel schüttelte entgeistert den Kopf. Die Bayern taumelten gewaltig. Und Haaland gab ihnen den Rest. Nach dem Aus im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg im Viertelfinale braucht der FC Bayern nun ein Fußball-Wunder, um in der jungen Ära Tuchel nicht schon in der kommenden Woche die nächste Titelchance endgültig abhaken zu müssen.

DPA
tkr/Christian Kunz und Jens Marx

PRODUKTE & TIPPS