Stefan Effenberg ist nicht zu beneiden: Nach langer Verletzung kämpft er sich zurück in die Bayern-Stammelf, nur um das Team zu Unentschieden und Niederlage zu führen. Mit Freuden prügeln Fans und Kritiker auf den streitbaren Fußballer ein. Der Bayern-Kapitän über seine derzeitige Situation und die Meisterschaftschance der Bayern.
Bayern München geht als Fünfter in die Winterpause. Kann die Mannschaft im neuen Jahr die Kraft für eine Aufholjagd aufbringen oder ist die Meisterschaft im Moment kein Thema mehr?
Effenberg: »Die Meisterschaft ist in die Ferne gerückt. Wir befinden uns in einer kritischen Phase. Es ist eine Situation eingetreten, die wir so nicht gewohnt sind beim FC Bayern. Aber für den FC Bayern gilt in jeder Saison, die Meisterschaft zu erringen. Wir haben einiges erlebt in den letzten Jahren. Man darf den Glauben nicht verlieren. Das haben wir letztes Jahr mit Schalke nicht getan und im Jahr davor mit Bayer Leverkusen nicht. Beide Male sind wir am Ende Meister geworden.«
Wie wichtig ist die Winterpause jetzt?
»Wenn man die letzten Spiele sieht, kommt sie gelegen, um Kraft zu sammeln und sich zu besinnen. Man kann nicht nur auf der Sonnenseite leben. Das haben wir drei Jahre lang getan. Wir müssen hart arbeiten an uns, um nach der Winterpause das Unmögliche vielleicht doch noch möglich zu machen.«
Ihr Comeback verlief mit vier sieglosen Bundesligaspielen und einem Erfolg im DFB-Pokal nicht erfolgreich. Lothar Matthäus hat sogar Ihren sofortigen Verkauf empfohlen. Was sagen Sie dazu?
»Man weiß, dass Leute aus den Löchern kommen in so einer Situation. Das bin ich gewohnt. Man weiß auch, dass der Lothar ab und zu Kommentare abgibt. Aber ich denke, er hat seine Probleme, die soll er bewältigen. Bei Rapid Wien steht er auch nicht so gut da, darauf soll er achten. Wir werden unser Ding durchziehen. Wir haben die Rückrunde noch, um einiges zu richten, das zählt für uns.«
Wie gehen Sie damit um, dass Sie nach einer langen Pause kritischer beobachtet werden als anderer Rekonvaleszenten?
»Es bekommen einige Spieler mehr Luft, mehr Zeit und weniger Härte öffentlich zu spüren als ich. Aber das ist immer so gewesen, von daher lässt mich das kalt. Im August, September, Oktober wurde sehr guter Fußball gespielt, aber es wurde nichts entschieden. Es wurde auch extrem hoch gejubelt. Ohne dass ich einen Teil dazu beigetragen habe, wurde schon in dieser Phase kritisiert, dass es wahrscheinlich besser ist, wenn ich nicht spiele. Aber das sagen Leute, die ich nicht ernst nehme.«
Geht es für Sie persönlich erst im neuen Jahr richtig los?
»Für mich geht es dann los, klar. Aber ich hätte gerne jetzt noch das eine oder andere Spiel gewonnen. Es ist auch für mich komisch, zurück zu kommen und nur ein Spiel zu gewinnen. Das ist nicht so rosig. Aber da muss man durch. Ich weiß ganz genau, welche Fähigkeiten ich habe. Das Wichtigste ist, dass man sich nicht irritieren lässt und seinen Weg weiter geht. Das habe ich in meiner ganzen Karriere gemacht. Mal schauen, was dabei herauskommt.«
Interview von Klaus Bergmann (dpa)