So lief der Spieltag
Der Aufreger des Spieltags
Fußball ist nicht die wichtigste Sache der Welt. Im überdrehten Unterhaltungsbusiness Bundesliga gerät diese Binsenweisheit Woche für Woche in Vergessenheit. Am Mittwoch aber wurden alle Beteiligten - Aktive wie Zuschauer - auf schmerzliche Art daran erinnert: Auf dem Weg ins Wolfsburger Stadion brach ein 41 Jahre alter Schalke-Fan plötzlich zusammen und verstarb. Hinweise, dass es dem Mann schlecht ging, hatte es nach Angaben der Polizei bis kurz vor dem Zusammenbruch nicht gegeben. "Zur Krankengeschichte ist uns nichts bekannt", sagte ein Sprecher und konnte keine Angaben zur genauen Todesursache machen.
Die Todesnachricht machte im Stadion bald die Runde. Auch der Wolfsburger Stadionsprecher informierte die Zuschauer über das traurige Ereignis. Aus Respekt und Anteilnahme verzichteten beide Fanlager in der zweiten Halbzeit auf die Anfeuerung ihrer Mannschaft. "Ruhe in Frieden" war auf einem improvisierten Plakat im Wolfsburger Fanblock zu lesen. Auch nach der Partie blieb es ruhig im Stadion: keine Musik und keine hektischen Interviews. "Es ist ein trauriger Tag für uns, ein Mensch ist gestorben", sagte Ex-Profi Sascha Riether, jetzt Koordinator im Lizenzspielerbereich von Schalke 04, in die TV-Mikrofone. Beide Trainer verzichteten danach auf eine Spielanalyse. Richtig so.

Gewinner des Spieltags
Trauen wir uns trotzdem, auf das sportliche Geschehen zu schauen. Die "Rasenballsportler" aus Leipzig dürfen sich da als Gewinner feiern lassen. Nicht, weil sie beim 3:3 in Dortmund gut gespielt hätten. Im Gegenteil. Aber: Wer selbst solche Spiele zumindest nicht verliert, der hat tatsächlich gute Aussichten auf den Meistertitel. Davon abgesehen wirkt bisher kein Team der Liga stabiler als die Bullenherde aus Sachsen. Zumindest die Herbstmeisterschaft kann sich die Truppe von Julian Nagelsmann praktisch nur noch selbst nehmen. Wenn sie - woran jeder glaubt - im letzten Heimspiel des Jahres den FC Augsburg schlagen, können sich die punktgleichen Gladbacher abstrampeln wie sie wollen.
Die Halbzeitmeisterschaft kratzt offiziell zwar niemanden, aber erstens wird der Herbstmeister - das ist jetzt schon klar - nach sage und schreibe zehn Jahren einmal nicht Bayern München oder Borussia Dortmund heißen und zweitens stehen statistisch zwei von drei Tabellenführern im Winter auch im Sommer ganz oben. Auch wenn RB als "Retortenclub" unter Traditionalisten weiterhin eher unbeliebt ist: Mal ein anderer Meister? Das wäre doch was! Wie bitte, dann lieber Gladbach? Das klingt eher nach einem Traditionalisten-Traum - bei allem Respekt für die tolle Hinrunde der Borussia.
Verlierer des Spieltags
Was die Aussichten der Leipziger auf die Meisterschaft noch vergrößert, ist die Schwäche der üblichen Verdächtigen. Wie die Dortmunder ihre 2:0-Führung bereitwillig aus der Hand gaben - das war schon bemerkenswert. Roman Bürkis Seitkopfball und Julian Brandts Rückpass - Einladungen, die ein Spitzenteam nicht ausschlägt. Und Goalgetter Timo Werner sogar nach selbst zugegebenen "100 Prozent Fehlpässen in der ersten Halbzeit" nicht. Beim BVB stehen Aufwand und Ertrag schon die gesamte bisherige Saison in keinem guten Verhältnis. Trotz der Rückkehr von Weltmeister Mats Hummels passt's im Defensivverbund einfach nicht. Wie schon im letzten Jahr nach einer tollen Hinrunde zu besichtigen, kommen die Schwarz-Gelben offenbar mental einfach nicht damit zurecht, wenn sie offen die Meisterschaft als Ziel ausgeben. Und dass ausgerechnet der ausgewiesene Zauderer Lucien Favre - ohnehin eiserner Verfechter des "Von-Spiel-zu-Spiel-Denkens" - den Dortmundern noch das Siegergen verpasst, daran mag man nicht recht glauben.
So ganz dürfen wir in dieser Rubrik aber auch den Blick in die unteren Tabellenregionen nicht vergessen. 0:5 zu Hause gegen Mainz, davor schon 1:6 beim FC Bayern. Zwei hohe Klatschen hintereinander - das war in der Bundesliga schon immer ein übles Zeichen. Bei Werder Bremen herrscht spätestens jetzt also völlig zurecht Alarmstimmung. Zum Hinrundenfinale geht's nach Köln, wo der heimische FC ausgerechnet jetzt die Erfolgswelle gefunden hat (4:2 nach 0:2 in Frankfurt!). Quo vadis, SVW?
Dieses Tor sollen sie (noch) mal sehen
Trotz aller Ergebniskrisen: Das Spiel der Dortmunder und die BVB-Tore sind oft eine Augenweide für jeden Fußballfan. Der Treffer von Julian Brandt in der 34. Minute des Spiels gegen RB war zum Zungeschnalzen. Sancho spielte die Kugel in den Strafraum, dort nahm sie Brandt an, drehte sich geschickt und behände um den wuchtigen Leipziger Verteidiger Upamecano und schob den Ball wunderbar ins lange Eck. Das alles in einer einzigen, fließenden Bewegung. Wow! Ein Tor für den Saisonrückblick!
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