Rudi Völler, Uwe Seeler, Kalle Rummenigge, Paul Breitner, Marcel Reif, Rainer Calmund. Spieler, Journalisten, Macher - sie alle waren nach Köln gekommen und viele andere, die deutsche Fußballgeschichte geschrieben haben. Auch "Acker" Gerhard Schröder, der bullige Stürmer von TuS Talle, der sich bis zum Regierungschef hochgedribbelt hat. Der Kanzler war der Stargast in der Rheinmetropole, wo am Samstag die ballverliebte High Society der Republik zusammentraf. Um 40 Jahre Bundesliga und nicht zuletzt auch sich selbst zu feiern. Während sich die Fußballhonorationen mit "Weißst du noch.."-Sentimentalitäten bei gutem Essen und Trinken ihrer eigenen Bedeutung vergewisserten, hatten sich die Ballkünstler von heute an diesem Festwochenende ganz profan auf dem grünen Rasen zu plagen.
Erschreckend schwache Hamburger
Wobei sich einige allerdings nicht überanstrengten. Die Hamburger jedenfalls ließen beim feierlich umrahmten offiziellen Geburtstagsspiel jeden Kampfgeist und Siegeswillen vermissen, spielten insgesamt zu langsam und reichlich uninspiriert. Geschockt noch von dem 1:5-Debakel letzte Woche in Wolfsburg trabte die Mannschaft des Liga-Dinos wie das berühmte Kaninchen hinter der Startruppe aus München her, die eher gelangweilt ihr Pensum herunterspulten. Ihr reichten zwei lichte Momente von Pizzaro und Noch-Bayer Elber, um die drei Punkte an die Isar zu holen. "Wir hätten jeder Zeit das Tempo erhöhen können", meinte später Hitzfeld – vernichtender kann ein Urteil über einen Gegner wohl kaum ausfallen. Nur einmal musste Tortitan Kahn sein ganzes Können aufbieten, als er einen harten Schuß von Takahara aus fünf Meter mit einem Reflex hielt.
Zu wenig für den Ligapokal-Sieger, der jetzt aufpassen muss, nicht zu den Zwergen der Liga zu schrumpfen. Was vielleicht aber gar nicht so schlecht wäre – betrachtet man die dieses Wochenende Leistungen der üblichen Lahmen und Kranken in der Liga, den Aufsteigern. Die waren nämlich durchweg gut.
Erster Frankfurter Erfolgserlebnis
Nehmen wir zum Beispiel die Frankfurter Eintracht: Immerhin gelang der in den ersten Spielen wie eine verirrte Dorfcombo auftretenden Mannschaft um Trainer Reimann durch eine starke Defensivleistung der erste Punkt in der Liga. Ein 0:0 gegen Hertha ist an sich ein Schritt nach vorn – einzig der Gegner trübte den positiven Eindruck. Denn unter welchen Umständen Bobic&Co. überhaupt irgendwann ein Tor gelingen kann – das weiß wohl nicht einmal Gottvater Franz.
Köln siegt erstmalig - gegen BVB
Der Sieg Davids gegen Goliath - das Beispiel Köln überzeugt noch mehr. Hatten sich die Domstädter bisher viel Lob, aber keine Punkte für ihre Darbietungen einheimsen können, setzte es ausgerechnet gegen die schwarz-gelbe Macht aus dem Pott den ersten Dreier der Saison. „Endlich wir mal belohnt worden“, stellte Trainer Friedhelm Funkel nach einer kämpferisch überzeugenden Leistung gegen den BVB erleichtert fest. Für die Dortmunder kommt der unerwartete Punktverlust dagegen denkbar ungünstig – am Mittwoch steht das Rückspiel der Champions-League-Qualifikation gegen Brügge an , wo nur ein Sieg die Tür zu den europäischen Fleischtöpfen öffnet. Ein grimmig dreinschauender Manager Meier drohte den Spielern schon mal „drakonische Strafen an“, sollte „keine andere Mentalität in diese Profis reinkommen“.
SC Freiburg mit ungewöhnlicher Treffsicherheit
Von mentalen Problemen kann in Freiburg trotz des babylonischen Sprachgewirrs von Georgiern, Badenern und Bosniern nicht die Rede sein. Die Mannschaft von Volker Finke, sonst eher wegen seines raffinierten Kurzpaßspiels als kickender Schöngeist der Liga verschrien, zeichnete sich im Spiel gegen eine schwache Gladbacher Mannschaft durch etwas aus, wofür sie bis jetzt eher nicht bekannt war: eine effiziente Chancenverwertung. Vier Chancen führten zu vier blitzauberen Toren – da half es Lienens Mannschaft wenig, die meiste Zeit das Geschehen kontrolliert zu haben. "Wir haben heute gespielt, wie Bayern an schlechten Tagen", sprach der zweifache Torschütze Bajramovic verschmitzt später in die Mikrofone.
Und irgendwie passt der Bayern-Vergleich. In der Klassengesellschaft Bundesliga ist der immer noch etwas andere Verein aus dem schönen Breisgau zur Zeit mit Abstand der Primus unter den Neulingen. Wegen seiner spielerische Qualität und Routine hat Freiburg auch die besten Chancen, sich frühstmöglich aller Sorgen um den Klassenverbleib zu entledigen.
Die Gesetze der Branche
Aber zu einer wirklichen Revolte der Kleinen gegen die Großkopferten wird es kaum kommen. Das haben 40 Jahre Bundesliga gelehrt. Am Ende standen so gut wie immer die Mannschaften mit dem dicksten Geldbeutel und der größten Reputation auf den vorderen Plätzen. Ausnahmen - wie 1991 der Durchmarsch von Aufsteiger Kaiserslautern zum Meistertitel - bestätigen eher diese Regel. Aber diese Ausnahmen sind es ja, die schließlich Geschichte werden. Und sicher in zehn Jahren wieder überall erzählt werden. Weißst Du noch...?