Der Fisch ist zurück, das ist eine schöne Nachricht bei dieser Europameisterschaft. "Ohne Sprache bist du wie ein Fisch an Land", hat der Fußballtrainer Giovanni Trappatoni vor Jahren festgestellt, als er über seine Zeit in München sprach. Nun mag er auch mit 72 nicht aufhören, Trainer zu sein. Also schwimmt er mit den Iren weiter, noch immer auf dem Trockenen, denn auch das vermaledeite Englisch will einfach nicht hinein in den Kopf dieses Italieners.
Im Seebad Sopot an den Gestaden der Ostsee ist der Trappfisch mit seiner Nationalmannschaft an Land gegangen, um bei der EM in Polen und der Ukraine mit besten Nationalteams des Kontinents zu spielen. Das Hotel hat Meerzugang, aber zur Presse spricht Trap im Industriegebiet von Gdynia, wo er seine Mannen trainiert. Kein Ozean hier, nicht mal ein Tümpel, Trapattoni klammert sich also an ein Blatt Papier, um acht Sätze in reinstem Englisch vorzutragen. Friedlich ruht das Auditorium – bis zu den Fragen. Ein irischer Reporter hakt nach. Er will über Taktik sprechen.
"Understand?"
Was dann folgt, lässt sich wörtlich kaum rekonstruieren und klingt doch wohlbekannt für deutsche Ohren. Zunächst beginnt Trapattonis Philippika in seiner Muttersprache, dann wechselt er ins Englische. "Understand?", ist zu hören, der Ton ist ärgerlich, das gilt dem Reporter. Der nickt. "We have always dominiert the midfield!", schickt Trapattoni hinterher. Von wegen, sein Deutsch ist weg. Trappatoni ist jetzt dreisprachig!
Natürlich hätte er nach Katar gehört oder nach Japan, wo Trainer seines Schlags gewöhnlich die letzten Millionen ihrer Karriere kassieren. Stattdessen sind ihm nun irische Nationalrecken anvertraut – auch weil ein irischer Milliardär sich bereit erklärte, einen Teil seines Gehaltes zu bezahlen.
"Wenn du hier sein musst, und nicht dort ..."
Die Spieler mögen ihn. Sie haben ihm vergeben, dass er ein Champignon-Verbot erließ und ihnen zeitweise zum Frühstück auch das Rührei verbot. Es gibt aber irische Profis, die hinter vorgehaltener Hand klagen, sie verstünden ihren Boss "nicht immer". Nun ist im komplizierten Fußball der Neuzeit nicht ganz klar, ob das nun ein Vor- oder ein Nachteil ist. Und Trappatoni tut an sich alles, um Missverständnisse zu vermeiden: "Wenn du hier sein musst und nicht dort, dann musst du hier sein, nicht dort, weil die Gegner kommen, und wenn du bleibst wo du bist, dann werden sie ein Tor schießen", sagt er in Gdynia, komplett auf Englisch, hier nur übersetzt. Danach fragt kein Reporter mehr nach.
Die irische Nationalelf hat immerhin verstanden, was die Hauptbotschaft ihres Trainer ist: Griechenland ist 2004 Europameister geworden mit Hinten-zu-Null und Vorne-hilft-der-liebe-Gott. Der Trapp-Plan für die Iren lautet daher: Schotten dicht! Beim 1:3 gegen Kroatien, da hatte der Plan ein Leck. Ob es ausgerechnet an diesem Donnerstag gegen Spanien besser wird? Nochmal Gdynia, noch mal Taktik, das Spielsystem. 4-2-2 lässt Trapattoni spielen. Der Trainer nimmt Bezug auf die ganz alten Geschichten: "Der Stürmer muss eben bei Ballverlust zurück kommen und nicht wie Pontius Pilatus seine Hände in Unschuld waschen." Hier spricht, ist das erfrischend, ein Antimodernisierer, ein Gegen-Löw, ein Nicht-Barcelona-Fan. Trapattoni hat einfach die achtziger Jahre mit zur EM gebracht.
Der Pilatus, der Fisch und die Iren
Den Gag mit Pilatus machte Giovanni Trapattoni übrigens schon früher, aber er funktioniert immer noch. Genau wie dieser Fisch unter den Trainern, il pesce, the fish, der weiterhin an Land zappeln wird – zur Freude auch der Iren hat er seinen Vertrag bis 2014 verlängert.
Ex-Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni - sein "Ich habe fertig" war lange ein geflügeltes Wort. Jetzt versucht er's mit den Iren auf der EM. Gut so, oder sollte "Trap" langsam mal "fertig machen"? Ihre Meinung in der stern.de-Fankurve auf Facebook.