Durchhalten, durchwurschteln, durchmogeln - und nach Möglichkeit auch noch gewinnen: 60 Tage und zwölf Pflichtspiele hat der verletzungsgeplagte Hamburger SV bis zur Winterpause noch zu überstehen. Bis dahin wird jede Begegnung zur Herkulesaufgabe, jede Trainingseinheit zur Zitterpartie. Am Donnerstag geht es für die leidgeprüften Hanseaten in der Gruppenphase der Europa League zum schottischen Vize-Meister Celtic Glasgow (ab 21.05 Uhr live im stern.de-Liveticker).
"Es bringt doch nichts, wenn man immer wieder über die Ausfälle jammert. Wir müssen die Situation annehmen und eng zusammenrücken", sagt Trainer Bruno Labbadia, dem am Dientag der nächste Schock in die Glieder gefahren war. Jerome Boateng hatte das Training wegen einer Knieverletzung abbrechen müssen. "Kreuzbandriss", tuschelten die Kiebitze und befürchteten bei dem Nationalspieler dieselbe Blessur wie schon bei Paolo Guerrero, Alex Silva und Collin Benjamin. Inzwischen gab es allerdings Entwarnung. Boateng hat nur eine leichte Bänderzerrung und kann im Celtic-Park "Paradise" wohl auflaufen.
Die Personallage beim HSV bleibt angespannt
Doch der Zwischenfall verdeutlichte einmal mehr: Die Personallage beim HSV ist mehr als angespannt, Labbadia müsste seine Profis eigentlich in Watte packen. Neben den Kreuzbandgeschädigten stehen dem Coach Mladen Petric und Bastian Reinhardt längerfristig nicht zur Verfügung. Auch Romeo Castelen meldete sich Anfang der Woche mit einer neuerlichen Knieverletzung für unbestimmte Zeit ab. Erst im kommenden Jahr kehren die ersten Verletzten wohl langsam zurück. "Die Euphorie ist nach wie vor da. Die müssen wir in die Winterpause retten. Das schaffen wir nur, wenn wir jetzt zusammenhalten", sagte Mittelfeldspieler Ze Roberto der "Sport Bild".
Auch dem kommenden Gegner ist die Misere der Hanseaten nicht verborgen geblieben. "Die Ausfälle sind für den HSV natürlich ganz bitter. Aber die Mannschaft hat trotzdem weiterhin eine hohe Qualität und kann in Europa League und Bundesliga um den Titel mitspielen", sagt der deutsche Nationalspieler Andreas Hinkel, der gegen den HSV sein Comeback geben will. Ohne den Außenverteidiger verpatzte Celtic den Auftakt im Europacup allerdings.
Celtic mit nur einem Punkt auf dem letzten Platz
Nach einem 1:2 bei Hapoel Tel Aviv und einem 1:1 gegen Rapid Wien liegen die Schotten auf dem letzen Platz der Gruppe C. "Natürlich wird es jetzt für uns immer enger. Aber es ist noch alles drin. Allerdings müssen wir gegen Hamburg zu Hause gewinnen, um noch eine reelle Chance zu haben", sagt Hinkel.
Die Hamburger kamen in der Europa League kaum besser aus den Startlöchern. Auf das peinliche 0:3 bei Rapid folgte aber zumindest ein 4:2 gegen Tel Aviv. "Wir haben Celtic mehrfach beobachten lassen und sind gut vorbereitet", sagt Labbadia und hofft auf einen Dreier, zumal Celtic angeschlagen ist. Mit nur zwei Siegen aus den ersten vier Spielen legten die Glasgower ihren schlechtesten Heimstart in der schottischen Premier League seit 1946 hin.
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Werder in Wien alarmiert
Erst war da nur Schadenfreude, doch jetzt ist man bei Werder Bremen alarmiert. Die 0:3-Schlappe des Erzrivalen Hamburger SV vor fünf Wochen bei Rapid Wien schärft die Sinne beim deutschen Pokalsieger vor dem Europa-League-Gastspiel am Donnerstag (19.00 Uhr im stern.de-Liveticker) beim Lokal-Konkurrenten Austria Wien. "Dass es da besondere Rivalitäten gibt, ist ja bekannt. österreichische Mannschaften sind oft eine Klasse besser, wenn es gegen deutsche Teams geht", sagt Werders Vorstandsvorsitzender Klaus Allofs, von jeglicher Überheblichkeit dringend abratend.
Doch zumindest auf dem Papier ist die Ausgangslage aus Sicht des Bundesliga-Vierten gut. Seit 13 Pflichtspielen sind die Hanseaten ungeschlagen, die letzte Auswärtsniederlage auf internationalem Parkett datiert vom März vergangenen Jahres. Und so will Allofs die Parallele zum HSV auch nicht überstrapazieren: "Wir sind mit zwei Siegen aus den ersten beiden Spielen in einer komfortablen Position und gehen gelassen an diese Aufgabe heran. Beim Anpfiff müssen wir aber voll da sein."
Borowski wieder fit, Niemeyer fehlt
Mit an Bord könnte auch Tim Borowski sein, der Mittelfeldspieler wird aber wahrscheinlich noch nicht von Beginn an auflaufen. Die Rückenprobleme des 29-Jährigen sind aber weitgehend behoben. Fehlen wird den Hanseaten der gesperrte Peter Niemeyer, der im Heimspiel gegen Athletic Bilbao die Gelb-Rote Karte sah.
Trainer Thomas Schaaf erwartet die in der Vorrundengruppe L noch sieglosen Gastgeber mit einer offensiven Grundeinstellung: "Austria wird nicht abwarten, sondern attackieren." Dabei hat Austria-Coach Karl Daxbacher im Angriff erhebliche Besetzungsprobleme. Seine Topstürmer Rubin Okotie und Tomas Jun fallen langfristig aus, als Ersatz soll der Ex-Bochumer Mamadou Diabang vor dem Werder-Tor für Gefahr sorgen.
Der Ex-Nationalspieler baut umso mehr auf die Unterstützung des Publikums, das Franz-Horr-Stadion ist mit 13.000 Zuschauern ausverkauft. Im Vergleich zu den modernen Arenen in Deutschland mutet der Winzling zwar harmlos an, doch auch die Werderaner sollten aus Pokalabenden wissen: Der Lautstärke tut so etwas keinen Abbruch. Die Austria Fans jedenfalls werden alles tun, um die Hanseaten in einem kleinen Hexenkessel zu empfangen.
Hertha sucht den Weg der Besserung
Acht Bundesliga-Niederlagen in Serie, Rückschläge im DFB-Pokal und auf der europäischen Bühne: Hertha BSC Berlin hat seit dem 8. August 2009 kein Pflichtspiel gewonnen. Der Hauptstadt-Klub ist angezählt und benötigt im Gruppenspiel der Europa League am Donnerstag (21.05 Uhr im stern.de-Liveticker) gegen den niederländischen Pokalsieger SC Heerenveen dringend ein Erfolgserlebnis. Nach dem desaströsen 0:3 in der Bundesliga am Wochenende in Nürnberg hatten Preetz und Trainer Friedhelm Funkel Alarm geschlagen und mit einer Brandrede an die Einstellung der Spieler appelliert. "Ich glaube fest daran, dass dieses Team den Umbruch schafft", so Preetz.
Auch der Gegner geht angeschlagen in die Partie. Für das Team aus Heerenveen läuft es derzeit nicht rund. Nachdem zu Beginn der Saison Trainer Trond Sollied entlassen wurde, konnte auch Interimscoach Jan de Jonge bislang keine Bäume ausreißen. Die Mannschaft liegt in der Ehrendivision nur auf dem 16. Rang. Hinzu kommt, dass Stürmer Patrik Ingelsten seit dem 0:1 am vergangenen Wochenende gegen den PSV Eindhoven an einer Sprunggelenkverletzung laboriert.