Der Countdown läuft: Acht Monate sind es noch bis zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Dort steigt am 21. November 2022, einem Montag, das Eröffnungsspiel im al-Bayt Stadion in der Stadt al-Chaur. Die deutsche Nationalelf wird definitiv nicht Gegner der Gastgeber-Mannschaft sein, auch wenn es durchaus möglich ist, dass sie am kommenden Freitag der Gruppe A, in der die Kataris gesetzt sind, zugelost werden.
Die WM erscheint weit weg, dennoch hat für Bundestrainer Hansi Flick mit den beiden Länderspielen gegen Israel und die Niederlande die heiße Phase der Vorbereitung begonnen. Nutzte Flick den Test gegen Israel (2:0 gewonnen), um Spielern aus der zweiten und dritten Reihe eine Chance zu geben, sich zu zeigen, war das Spiel gegen die Niederlande von einem anderen Kaliber. Oranje war das erste Spitzenteam, gegen das Flick als Nachfolger von Joachim Löw antrat. Und es lieferte mehr als die Partie gegen Israel wichtige Erkenntnisse.
Insgesamt lässt sich zusammenfassen: Die DFB-Elf hat sich gut geschlagen und gegen Holland gezeigt, welches Potenzial in ihr steckt, dennoch muss sie noch hart an sich arbeiten, wenn sie ein echter Titel-Aspirant bei der Wüsten-WM sein will. 60 Minuten waren okay, die letzte halbe Stunde ließ die Performance nach.
Musiala kann auch gegen den Ball arbeiten
Besonders der 19-jährige Jamal Musiala nutzte die Chance, um zu zeigen, dass er ein Kandidat für die Startelf sein kann. Wie sich das Talent des Bayern-Profis entwickelt, ist faszinierend zu beobachten. Gegen Israel ließ Flick ihn auf der Zehn spielen, wo er durch ein feine Dribblings auffiel, aber sonst die Effektivität vermissen ließ. Gegen die Niederlande spielte Musiala neben Ilkay Gündogan im defensiven Mittelfeld und zeigte seine ganze Klasse. Er war omnipräsent. Pässe, Technik, Übersicht – Musiala kann alles mit Leichtigkeit abrufen. Was seine Leistung gegen komplett machte, war sein defensives Spiel. Auch im Bekämpfen des Gegners wirkte er ziemlich robust. "Im Ballbesitz war schon vorher klar, dass er sich immer sehr gut durchzusetzen weiß“, sagte Flick und lobte das Abwehrverhalten: "Was er heute auch in der Defensive geleistet hat, das war schon herausragend".
Musiala hat sich damit als echte Alternative zu den bisher gesetzten Joshua Kimmich und Leon Goretzka präsentiert, die beide fehlten. Kimmich war vor dem Spiel gegen Holland zur Geburt seines dritten Kindes abgereist, Goretzka befindet sich nach einer langwierigen Knieverletzung erst wieder im Aufbautraining.
Schlotterbeck und Musiala erhöhen den Druck auf die Konkurrenz
Ein weiterer Neu-Nationalspieler setzte ein kleines Ausrufezeichen: Der Freiburger Innenverteidiger Nico Schlotterbeck zeigte sein großes Selbstbewusstsein auf dem Platz und bewies, was für ein hervorragender Passgeber er ist. Schlotterbeck gehört ebenfalls zu den Gewinnern und macht den Platzhirschen Niklas Süle und Antonio Rüdiger gewaltig Druck. Der verschärfte Konkurrenzkampf in der Abwehr wird dem Bundestrainer gut gefallen. Den wird es in allen Mannschaftsteilen geben, wenn neben Kimmich, Goretzka, Gnabry, Süle und Gosens fünf potenzielle Startelfspieler zurückkehren.
Die Leistungen von Musial und Schlotterbeck verhinderten allerdings nicht, dass die alte Defensivschwäche der Nationalelf, die aus der Ära Löw stammt, wieder deutlich zu Tage trat. Bei tiefen Pässen in die Schnittstellen begann die Abwehr zu schwimmen. Und auch die Effektivität vor dem Tor sollte besser werden. Noch sind acht Monate Zeit für Feinjustierungen.
Quellen: DPA, "Faz", "Süddeutsche Zeitung", "kicker"