Rund 15 Monate nach dem Gewinn der Vize-Weltmeisterschaft durch die Elf von Rudi Völler hat Deutschland erneut das WM-Fieber gepackt. Millionen Fans werden am Sonntag (19.00 Uhr MESZ/ARD) an den Bildschirmen die Daumen drücken, wenn die deutschen Fußballerinnen im Finale gegen Schweden in Carson nach der WM-Krone greifen.
"Ich bin überzeugt, dass die Frauen den Titel holen, auf den sie so lange warten mussten", drückte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, der am Samstag zum Endspielort nach Kalifornien fliegen will, seine Erwartungen aus. Die Reise zum Finale sei "eine Selbstverständlichkeit, um den Frauen meinen Respekt zu erweisen".
Der 70-Jährige stellte dem erfolgreichen Team zugleich die Zahlung von Prämien in Aussicht. "Sie sollen erst mal gewinnen, dann werden wir auch eine Lösung für die Honorierung finden", sagte Mayer-Vorfelder am Freitag in Hamburg. Als weitere Belohnung sollen die Frauen, die bisher im Männer-Trikot des DFB mit den drei Sternen für drei Weltmeisterschaften auflaufen, im Falle des Titelgewinns ein eigenes Trikot mit ihrem eigenen Stern erhalten.
Medienrummel stört Konzentration
Derweil sorgt sich Tina Theune-Meyer angesichts des Medienrummels beim Training und im Mannschaftshotel mittlerweile um eine konzentrierte Vorbereitung auf das Finale. "Mir ist das fast ein wenig zu viel. Der Rummel stört auch die Spielerinnen ein bisschen", gab die Bundestrainerin zu. Mit der Beschaulichkeit der ersten Wochen, in denen die DFB-Elf trotz der Erfolge weitgehend unbehelligt blieb, ist es seit dem 3:0 im Halbfinale gegen Titelverteidiger USA endgültig vorbei: Foto-Shooting am Swimmingpool, hier ein Anruf, dort ein Interview. Popularität hat seinen Preis. "Wir müssen schnell wieder unsere Balance finden", mahnte Theune-Meyer, die am Donnerstag erstmals von einer "durchwachsenen Stimmung" sprach.
Streuselkuchen von Mama
"Wir sind zwar alle stolz und haben ein gutes Gefühl, aber im Training merkt man, dass sich noch nicht alle erholt haben. Wir brauchen noch etwas Ruhe bis zum Finale." So war die Cheftrainerin froh, als sie am Nachmittag nach eineinhalbstündigem Medien-Marathon endlich mit ihrer Elf einer privaten Einladung folgen konnte. Ihre über 70 Jahre alte Mutter war angereist und hatte Streuselkuchen für die Mannschaft gebacken.
Ungeachtet der Umstände sieht Theune-Meyer dem Finale mit Optimismus entgegen. "Das bleibt auch so", betonte sie, "wir wollen durchziehen und den Titel gewinnen." Die mit sieben Treffern erfolgreichste WM-Torjägerin, Birgit Prinz, versicherte, dass sie mit der gestiegenen Erwartungshaltung und der Favoritenbürde kein Problem habe: "Das ist mir egal. Dadurch haben wir nicht mehr Druck. Wir wollen gut spielen und möglichst gewinnen. Das ist alles."
Fan-Gemeinde wächst
Derweil wächst die Fan-Gemeinde. Der in Kalifornien lebende Ex-Nationalstürmer Jürgen Klinsmann, der sich zuweilen bei den Los Angeles Galaxy fit hält, schaute beim Training vorbei und will am Sonntag im Home Depot Center die Daumen drücken.
Otto Schily kann zwar aus Termingründen nicht zum Finale reisen, wird aber am Fernseher mitfiebern. "Die Mannschaft hat ein großartiges Turnier gespielt. Ich wünsche ihr und der engagierten Trainerin viel Glück und Erfolg für das Endspiel", sagte der Bundesinnenminister auf der Internetseite des Fußball-Weltverbandes. Schilys Tipp: "3:1 für Deutschland." Selbst FIFA- Präsident Joseph Blatter outete sich als Anhänger der deutschen Frauen. "Sie spielen den besten Fußball. Dann sollen sie auch die Krone holen", so der Schweizer, der am Sonntag den Pokal überreicht.
Plan: Hinten keinen reinkriegen, vorne Tore machen
Dass die Neuauflage des EM-Finals 2001 gegen Schweden (1:0) kein Selbstläufer wird, darüber sind sich alle einig. "Wir sind nicht schon Weltmeister, nur weil wir die USA geschlagen haben. Noch haben wir ein schweres Spiel", warnte Maren Meinert vor Überheblichkeit.
Theune-Meyer betonte, dass man es mit einem "Gegner" zu tun habe, der "über eine solide Abwehr, ein starkes Mittelfeld sowie giftige und gefährliche Stürmerinnen" verfüge. "Wir müssen hundert Prozent geben, um sie zu schlagen", meinte Kerstin Garefrekes. Dennoch ist sie vom Sieg überzeugt: "Weil wir als Team auftreten, hinten keinen reinkriegen und vorne ein oder zwei Tore machen."
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Deutschland:
Rottenberg - Stegemann, Hingst, Minnert, Gottschlich - Garefrekes, Wiegmann, Lingor, Wunderlich - Meinert, Prinz
Schweden:
Jönsson - Westberg, Törnqvist, Marklund, Bengtsson - Andersson, Moström, Östberg, Sjöström - Ljungberg, Svensson
Schiedsrichterin:
Ionescu (Rumänien)