Franz Beckenbauer hat sein erstes TV-Interview seit dem Wirbel um die WM-Vergabe gegeben. Beim Bezahlsender Sky, für den er auch als Fußball-Experte tätig ist, wehrt er sich gegen die öffentliche Kritik und sagt dabei erstaunlich wenig Neues. Weite Teile des rund 13-minütigen Gesprächs mit Moderator Patrick Wasserziehr gleichen dem schriftlichen Interview, dass die "Süddeutsche" Ende vergangener Woche mit Beckenbauer geführt hat. Erneut spricht der ehemalige Chef des WM-Organisationskomitees davon, "ein reines Gewissen" zu haben. "Wenn da schwarze Kassen oder Bestechungsversuche gewesen wären, hätte ich das mitbekommen", sagte er.
Auf die Frage, ob er für die WM bereit gewesen wäre, "über Grenzen zu gehen", sagte Beckenbauer: "Was sind Grenzen? Es gab damals noch keine (Fifa-)Ethik-Kommission. Man konnte damals die Mitglieder des Exekutivkomitees direkt kontaktieren. Aber wir haben nichts Schlechtes getan. Es war eine andere Zeit, 1998 bis 2000."
"Ich habe sie nicht überwiesen"
Auch die ominöse Zahlung über 6,7 Millionen Euro, die der DFB auf Umwegen über die Fifa zurückgezahlt haben will und wegen der nun die Staatsanwaltschaft gegen den Verband ermittelt, kommen in dem Sky-Interview zur Sprache. Die Fifa-Finanzkommission habe "signalisiert", dass es 250 Millionen Schweizer Franken als WM-Zuschuss gebe, wenn man im Gegenzug 10 Millionen Schweizer Franken (6,7 Millionen Euro) überweise, sagte Beckenbauer. "Da hast du nicht lange überlegt."
Den Empfänger des Geldes könne er nicht bestimmen. "Ich hab sie nicht überwiesen." Eine der wenigen kritischen Nachfragen des Moderators, ob der Beckenbauer-Vertraute Fedor Radmann dies wisse, verneinte Beckenbauer.
Der zentrale Vorwurf gegen Beckenbauer beruht auf einem im DFB-Archiv gefundenen - und von ihm unterschriebenen - Vertrag: Im Juli 2000 soll er in seiner Funktion als Chef des Bewerbungs-Komitees dem damaligen und mittlerweile lebenslang gesperrten Fifa-Funktionär Jack Warner Ticket-Kontingente für WM-Spiele und Entwicklungshilfe für dessen Verband von Trinidad & Tobago zugesagt haben. Kurz darauf hatte Deutschland vom Welt-Fußballverband mit 12:11 Stimmen den Zuschlag für die WM 2006 erhalten - Beckenbauer bestreitet aber einen Zusammenhang.
"Wenn ich jemandem vertraue, dann kriegt der alles von mir"
An Details könne er sich nicht mehr erinnern, sagte Beckenbauer und verteidigte sich gegen die Vorwürfe: "Ich weiß nicht, ob das mit Naivität zu tun hat. Ich habe Hunderte Papiere, Verträge unterschrieben, ohne dass ich eine Zeile gelesen habe." Beckenbauer betonte: "Wenn ich jemandem vertraue, dann kriegt der alles von mir."
In der Bewerbungsphase habe er alles Mögliche unterschrieben. Ob weitere fragwürdige Verträge darunter waren, wollte er selbst nicht ausschließen. "Es kann sein, dass noch irgendein Zauberer was herauszaubert aus einem Papierkorb oder aus einem Safe oder aus einem Aktenschrank, ich weiß es nicht. Aber ich glaube, langsam reicht's."
Am heutigen Dienstag wird Beckenbauer zum zweiten Mal von der Anwaltskanzlei Freshfields befragt. Der Deutsche Fußball-Bund hat die Kanzlei beauftragt, in der WM-Affäre zu ermitteln.
Das Sky-Interview mit ihm wurde nicht zufällig gerade jetzt geführt. Der Bezahlsender will ihn am heutigen Champions-League-Spieltag für die Partie FC Bayern München gegen Olympiakos Piräus erstmals seit Beginn der Affäre wieder als TV-Experte einsetzen.