Mit einem eigens dafür kreierten Spielset wollte Lego die Endrunde der Fußball-WM der Frauen in Australien und Neuseeland feiern. Die Idee ist super. Doch selbst auf den zweiten Blick muss man konstatieren: Wirklich geglückt ist die Hommage nicht.
Wie es im Jahr 2023 um die Lobby des Frauenfußballs bestellt ist, demonstrierten der Weltverband FIFA, große Fernsehsender und einige andere Beteiligte kürzlich eindrucksvoll. Erst nach monatelangem Hin und Her, gegenseitigen Schuldzuweisungen und verzweifelten Appellen aus Politik und Sport stand fest: Die Fans in Deutschland (und vier weiteren europäischen Ländern) können das Turnier Down Under nun doch live im Free-TV verfolgen. Blackout auf den letzten Drücker abgewendet.
Andere waren deutlich schneller.
Schon im Mai lancierte der dänische Spielwarenriese und Klemmbaustein-Pionier Lego eine kleine Kampagne zur neunten Frauenfußball-WM. Überraschend kam das Spielset mit der Nummer 40634 nicht. Schließlich ist die Elf aus Dänemark das erste Mal seit 2007 wieder bei einer Endrunde dabei. "Icons of Play" (Ikonen des Spiels) tauften die Designer in Billund also ihre Hommage an den Frauenfußball. Eine der Ikonen des Frauenfußballs ist ohne Zweifel Megan Rapinoe. Die US-Stürmerin und Weltfußballerin 2019 gilt als Vorbild für viele Mädchen, als Idol und Stimme des Frauenfußballs. Sie macht sich stark für Diversität und kämpft seit Jahren für fairere Prämien und Gehälter. Nun gibt es die 38-Jährige im Lego Minifigurenformat – Markenzeichen Fönwelle in Pink. Neben Rapinoe dürfen die Australierin Sam Kerr (FC Chelsea), Yūki Nagasato aus Japan (Chicago Red Stars) und die Nigerianerin Asisat Oshoala (FC Barcelona) in "Icons of Play" auflaufen und jubeln.
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Moment mal. Nur vier Spielerinnen? Keine Brasilianerin? Keine aus dem deutschen Team? Wo sind die Europäerinnen? Immerhin haben sich zwölf Teams aus Europa für das Turnier vom 20. Juli bis 20. August qualifiziert. Einige davon mit guten Chancen auf den WM-Titel. Doch statt weiteren Stars sind eine Torfrau ohne Name, eine Trainerin, eine Schiedsrichterin sowie acht Fähnchen schwenkende Zuschauer:innen am Start. Ein wahrhaft bunt zusammen gewürfeltes und leider eher beliebiges Konvolut, das der Vielfalt des Frauenfußballs in der Welt nur teilweise gerecht wird. Dabei sollte es laut Lego bei diesem Set unter anderem darum gehen.
Während man sich zurecht fragt, wie man aus den vier sehr gut getroffenen Starspielerinnen (leider alle in roten Lego-Fantasie-Trikots statt in denen ihrer Nationalmannschaft eingekleidet) zwei Teams bilden soll, schauen wir uns den Rest des Sets an. Und auch hier lässt uns Lego ein wenig ratlos zurück.
Denn die Miniatur-Megan und ihre Mitspielerinnen werden mit einem halben Spielfeld abgespeist. Offenbar spekuliert Lego darauf, dass Fans sich das Set zwei Mal kaufen, um eine bespielbare Fläche mit zwei Toren bauen zu können. Anders können wir uns das halb fertige Stadion mit den lieblos angedeuteten Banden nicht erklären. Zwei gegen zwei auf ein Tor? Erinnert ein bisschen an das Schulhofgebolze in den 1990ern. Warum die drei Spielbälle gelb sind, erschließt sich uns auch nicht. Egal. Schräg hinter dem Tor "filmt" eine drehbare Kamera das Spielgeschehen. Auf der anderen Seite steht eine Art Monitor. Offenbar für den Check strittiger Situationen, wenn sich während des Spiels der Video Assistant Referee (VAR) einschaltet.
Unser (und neben den vier Spielerinnen leider das einzige) Highlight des Sets ist die Zuschauertribüne. Hier bejubeln acht Fans, was sie auf dem halben Spielfeld sehen. Dreht man an einer kleinen Kurbel, eskalieren sie sogar in einer La-Ola-Welle. Eine schöne Idee, die zumindest ein bisschen Schwung in diesen ansonsten müden Kick bringt. Einige bunte Sticker sorgen zudem für gute Laune. Dazu gibt's eine Trainerbank, eine Kiste mit Trinkflaschen für die Spielerinnen und eine Art Podest für den WM-Pokal.
Fazit
Selbst große Fußballfans müssen bei diesem Set ganz stark sein. Abgesehen von den vier WM-Spielerinnen (übrigens mit Namen und korrekter Rückennummer auf dem Trikot) und der gut gelungenen Fantribüne mit den Zuschauern macht Lego damit keine Werbung für den Frauenfußball. Offenbar ist man bei "Icons of Play" auf halber Strecke stecken geblieben. Das halbe Ministadion kann nur mit viel Wohlwollen bespielt werden und als Ausstellungsstück taugt das Set aus unserer Sicht auch nicht wirklich. Bleibt zu hoffen, dass die 32 Nationalteams in Neuseeland und Australien etwas mehr Spielwitz auf den Rasen bringen als die Lego-Designer.
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