Es war eines der beherrschenden Themen der Hinrunde: Der Absturz der Bundesliga im internationalen Vergleich. Nur der ruhmreiche FC Bayern schaffte in der Champions League den Sprung ins Achtelfinale. Borussia Dortmund versagten komplett die Nerven. Mit mickrigen zwei Punkten rettete sich der BVB so gerade eben in die Europa League genau wie Neuling Red Bull Leipzig, der mit dem FC Porto und Besiktas Istanbul nicht gerade die härteste Konkurrenz hatte. Noch schlimmer war die Total-Pleite der deutschen Klubs in der Europa League. Köln, Hoffenheim und Hertha flogen nach der Gruppenphase raus, Freiburg schon in der Qualifikation.
Zur miserablen Bilanz in den europäischen Wettbewerben passen zwei weitere Befunde: Erstens sind die Spiele in deutschen Stadien oft von "epischer Langeweile", wie das deutsche Fachmagazin "kicker" lästerte. Zweitens leidet die Liga seit nunmehr fünf Jahren unter der fehlenden Konkurrenz für die Bayern, die jetzt schon wieder mit elf Punkten Vorsprung an der Spitze stehen. Der Titelkampf wird auch in diesem wieder ziemlich öde sein.
Lamento überall in der Bundesliga
Die Diagnose zum Rückrundenstart lautet: Es steht nicht gut um die Liga. Besserung scheint nicht in Sicht. Denn in den deutschen Klubs herrscht eine Eigenart vor, die in Krisen noch nie geholfen hat: Jammern und Lamentieren.
Das Lamento ist überall zu hören. Bei den Europapokalteilnehmern klingt es so: Am Ende der Hinrunde klagte der Trainer von RB Leipzig, Ralph Hasenhüttl, dass "die Jungs auf dem Zahnfleisch gehen" und "wir uns in die Winterpause retten müssen." Man konnte fast Mitleid mit den hochbezahlten und austrainierten Profis bekommen. Julian Nagelsmann, Trainer von Hoffenheim, sagte nach dem Scheitern in der Europa League: "Das Europacup-Aus wird uns gut tun." Wie bitte? Haben sie in Hoffenheim etwa keinen Ehrgeiz? Haben sie keine Lust auf die guten, alten Europapokal-Schlachten? Offensichtlich nicht. Ist zu anstrengend. Und warum ist die Teilnahme am Europapokal ein Grund dafür, am Wochenende in der Bundesliga unattraktiven Fußball zu spielen?
Auch Teams, die nur national unterwegs sind, reden schnell von der "hohen Belastung", kaum dass eine englische Woche ansteht. Aus anderen Ländern ist das in diesem Maße nicht bekannt. In England, Spanien, Italien und Frankreich spielen 20 Mannschaften in der Liga. Zum Teil gibt es im Pokal Hin- und Rückspiele. Die Teams bestreiten in der Regel mehr Spiele als Bundesligisten. Aber Kritik am engen Spielplan vernimmt man kaum.
Die Ursachen für die Krise liegen tiefer
Natürlich ist die aktuelle sportliche Krise nicht dem nervigen Jammern geschuldet, sondern die Ursachen liegen tiefer. Das wäre zum einen das liebe Geld. In Spanien und England stehen den Klubs durch höhere TV-Einnahmen und Investoren, die einzelne Vereine übernehmen, viel mehr zur Verfügung. In Deutschland hält man an einer Gesamtvermarktung und an der 50+1-Regel fest, die die Vereine vor der Übernahme durch Investoren schützt und als letzter Schutzwall gegen eine totale Kommerzialisierung gilt. Das hat Vorteile, verhindert aber, dass mehr Geld in die Bundesliga fließt. Die meisten Stars spielen in Spanien, England oder bei Paris Saint-Germain.
Doch die geringeren Einnahmen allein reichen nicht als Erklärung für die Krise aus. Auch die taktische Entwicklung, für die die Trainer verantwortlich sind, ist von großer Bedeutung. Entweder lassen sie aggressives Pressing spielen, das nur auf Tempo und Balleroberung setzt. Der "kicker" sieht deswegen in der Bundesliga hauptsächlich "Sprinter und Zweikämpfer" am Werk. Oder es wird auf eine starke Defensive gebaut. Im Fachjargon heißt das euphemistisch "kompakt stehen" und ist nur eine andere Bezeichnung für ideenlosen Fußball. Ein Blick in die Premier League reicht, um zu sehen, dass es auch anders geht. Konstruktive Selbstkritik wäre angebracht bei Vereinen und Trainern, statt zu jammern.
