Hoyzer im TV "Größte Unverfrorenheit"

Die mediale Selbstvermarktung des Robert Hoyzer bringt die deutsche Schiedsrichter-Gilde in Rage. Anlass ist ein geplanter Fernsehauftritt Hoyzers.

Der Angriff von Rudi Assauer auf Jürgen Jansen und die mediale Selbstvermarktung des Hauptbeschuldigten Robert Hoyzer haben die deutsche Schiedsrichter-Gilde in Rage gebracht. Mit heftiger Kritik reagierte ihr Sprecher Manfred Amerell auf den geplanten Auftritt des 25-Jährigen, der im Mittelpunkt des Wettskandals im deutschen Fußball steht, in der ZDF-Sendung "Johannes B. Kerner" am kommenden Dienstag. "Einem Mann, der nachweislich betrogen hat, ein Forum zu bieten, ist die größte Unverfrorenheit", sagte der frühere FIFA-Referee am Sonntag in der DSF-Sendung "Doppelpass". Amerell forderte die Politiker in den Rundfunkräten indirekt auf, so etwas zu verhindern.

"Es wundert mich, dass ein Mann wie Hoyzer überhaupt noch frei herum läuft. In München sitzt jemand seit einem halben Jahr im Gefängnis für eine Sache, die auch nicht in Ordnung war", erklärte Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß im Pay-TV-Sender Premiere und spielte auf den Bestechungsskandal um den in Haft sitzenden Karl-Heinz Wildmoser junior an. Auch Schiedsrichter Jansens Anwalt Stephan Reiffen hatte die Medienpräsenz Hoyzers mit Argwohn betrachtet: "Hoyzer vermarktet sich jetzt - das machen wir mit Herrn Jansen nicht. Wir rennen nicht von Zeitung zu Zeitung, von Sender zu Sender."

Rücktritt Mayer-Vorfelders nahe gelegt

Manfred von Richthofen forderte "ein rigoroses Vorgehen" des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bei der "rückhaltlosen Aufklärung" des Wettskandals. "Man muss klären, wer die Verantwortung trug", sagte der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB) der "Welt am Sonntag" und nahm DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder in die Pflicht. "Klar ist, dass Dr. Zwanziger damals noch nicht im Amt war. Und wenn derjenige, der die Verantwortung trug, nicht gehandelt hat, dann gehört er nicht mehr ins Amt." Ob es Versäumnisse gegeben hat, "gehört jetzt auch zur Aufklärung".

Nach Meinung von Jürgen Klinsmann hat die Affäre dem deutschen Fußball vor allem im Ausland arg geschadet. "Wir haben international an Ansehen und Glaubwürdigkeit verloren. Es bedarf einiger Zeit, diese zurück zu holen", sagte der Bundestrainer drei Tage vor dem Länderspiel gegen Argentinien. Klinsmann zeigte sich besorgt, dass der Skandal auch seine Bemühungen um ein positives Klima für die Nationalelf beeinflussen könne.

"Hexenjagd" gegen Jansen und Zwayer

An der von Jansen verurteilten "Hexenjagd" gegen ihn hatte sich auch Assauer beteiligt. "Dass ein Schiedsrichter wie Jansen, der uns allgemein sehr wohl bekannt ist, da jetzt mit hinein rutscht, das überrascht mich nicht. Er ist vom Typ her sicherlich anfällig, sage ich mal so", hatte der Schalke-Manager einen Tag vor Jansens spektakulärer Video-Pressekonferenz in Passau gesagt. Es gebe da "so ein paar Andeutungen, schon seit Jahren".

"Ich bin geschockt", kommentierte Amerell am Sonntag die Anspielungen Assauers. "Wenn er was weiß, soll er Beweise auf den Tisch legen. Einfach etwas in den Raum zu setzen, bereinigt die Situation nicht, sondern heizt sie noch an." Laut Hoyzers Aussage vor der Berliner Staatsanwaltschaft soll Jansen zwei Spiele manipuliert haben; der 44-Jährige aus Essen beteuerte mehrfach seine Unschuld.

Einen Tag nach Jansen hatte sich auch Kollege Felix Zwayer gegen die Anschuldigungen Hoyzers zur Wehr gesetzt. "Ich habe ein reines Gewissen und eine weiße Weste", sagte der Berliner in der ARD-Sportschau. Zwayer hatte die ganze Affäre vor zwei Wochen mit ins Rollen gebracht, als er den DFB über Ungereimtheiten informierte.

Umstrittene Entscheidungen auch am Wochendende

Die Schiedsrichter standen auch am Wochenende im Blickpunkt - und sorgten mit ihren Entscheidungen für Negativschlagzeilen: Vor allem der umstrittene Bayern-Elfmeter zum 1:0, das aberkannte Bochumer Tor und die Nachspielzeit in Rostock mit dem Schalker Ausgleich zum 2:2 in letzter Sekunde erhitzten die Gemüter. Karl-Heinz Rummenigge äußerte die Vermutung, den Referees sei das Selbstvertrauen abhanden gekommen. Hertha-Manager Dieter Hoeneß und Weltmeister Paul Breitner setzten sich dafür ein, die Schiedsrichter generell erst unmittelbar am Spieltag zu bestimmen.

Der geständige Hoyzer hatte selbst zugegeben, vier Spiele manipuliert zu haben, darunter die Pokalpartie SC Paderborn - Hamburger SV (4:2). Das Sportgericht des DFB wird sich am 11. Februar zunächst mit diesem Spiel beschäftigen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft und die Polizei werden ihre Aktivitäten zur Aufklärung des Wett- und Schiedsrichterskandals intensivieren. Ab sofort ermitteln vier Staatsanwälte in dem Fall, kündigte Michael Grunwald, Sprecher der Staatsanwaltschaft, am Freitagabend an. Zudem wird beim Landeskriminalamt in dieser Woche eine Sonderkommission eingerichtet.

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Ralf Jarkowski/DPA

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