Nationalmannschaft Ballack zofft sich mit Löw

Es knirscht gewaltig in der Nationalmannschaft: Michael Ballack hat in einem Interview den Umgang von Joachim Löw mit Torsten Frings scharf kritisiert. Der Bundestrainer reagierte sofort: Er sei "enttäuscht" über die Aussagen des Nationalmannschaftskapitäns.

Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack hat den Umgang mit Torsten Frings kritisiert und sich verwundert über Bundestrainer Joachim Löw geäußert. Der 32-Jährige schlug sich in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" auf die Seite seines Nationalmannschaftskollegen. "Vielleicht befindet sich Torsten aktuell nicht in Topform, aber er spielt immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Dieses Faktum kann niemand wegdiskutieren. Ich habe deshalb ein ungutes Gefühl, dass er diesen Konkurrenzkampf nicht gewinnen kann", sagte Ballack.

"Total überrascht und enttäuscht"

In einer Stellungnahme des DFB wies Joachim Löw die Kritik an seiner Personalpolitik zurück. "Von den Aussagen von Michael Ballack bin ich total überrascht. Dass er nun über die Medien solch kritischen Töne äußert, verwundert und enttäuscht mich", sagte Löw. "Als Kapitän ist er ein wichtiger Ansprechpartner für mich und daran wird sich auch nichts ändern. Aber die Aufstellung und die Personalpolitik ist in letzter Konsequenz die Entscheidung von mir und meinem Trainerteam."

Ballacks Vorpreschen ging auch Theo Zwanziger zu weit: "Wenn man glaubt, etwas in Zukunft noch besser machen zu können, empfehle ich allen, sich mit dem Bundestrainer auszutauschen und nicht über die Medien mit ihm zu reden", erklärte der Boss des Deutschen Fußball- Bundes (DFB) in einer Pressemitteilung. Franz Beckenbauer äußerte Unverständnis sein Unverständnis ebenfalls öffentlich: "Manchmal sind mir die Empfindlichkeiten etwas zu groß. Da sollte man sich zusammenreißen."

Weiter sagte Ballack auf die Frage, ob Löw Frings schon abgeschrieben habe: "Das weiß ich nicht. Aber wenn man einen nicht mehr will, sollte man das ehrlich ansprechen. Respekt und Loyalität ist doch das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann." Als Beispiel nannte er den Konkurrenzkampf zwischen Oliver Kahn und Jens Lehmann, den Kahn nach Meinung Ballack "nie gewinnen" konnte. Der Kapitän weiter: "Ich hoffe, dass ich mit meiner Vermutung in der Personalie Torsten Frings unrecht habe."

Löw meldete sich nach Operation nicht bei Ballack

Er zeigte sich zudem irritiert, dass Löw sich nach seiner Operation an beiden Füßen nicht gemeldet habe: "Das überrascht mich schon, weil es in der Vergangenheit bisher immer anders war." Der Mittelfeldspieler von Chelsea London glaubt, in ein, zwei Wochen wieder am Mannschaftstraining teilnehmen zu können.

Ballack wünscht sich, dass Frings seine kürzlich geäußerten Rücktrittsgedanken nicht wahr mache: "Ich hoffe, er wird nicht zu einer Entscheidung verleitet, die Torsten und viele andere später bereuen werden". Frings Rücktrittsgedanken kommentierte Ballack so: "Schlimm genug, dass es so weit gekommen ist. Torsten hat die Zeit erkannt. Er ist ein erfahrener Spieler und spürt genau, was um ihn herum geschieht." Ballacks Ziel ist der WM-Titel 2010 in Südafrika, wichtig sei dabei eine vorhandene Hierarchie. "Man sollte vorsichtig sein, Spieler in eine Position zu drängen", warnt Ballack.

Verständnis für Kuranyi

Die Flucht Kevin Kuranyis von der Nationalmannschaft empfindet er als "nicht akzeptabel": "Aber ich kann Kevins Frust gut verstehen." Der Schalker Stürmer habe über Jahre bewiesen, dass er Tore machen könne. "Wo kommen wir denn hin, wenn das nicht mehr zählt?"

Die Aussagen von Weltmeister Olaf Thon zu seiner Person hält Ballack für eine "Frechheit". Der Weltmeister von 1990 hatte gesagt, Ballack würde schon bald auf der Bank der Nationalelf sitzen und Bastian Schweinsteiger sei der "wahre Kapitän". "Vielleicht wird er das in Zukunft sein", sagte Ballack. "Aber das geht mir in Deutschland zu schnell. Einen Monat gut gespielt und schon zählt man zur Weltklasse."

Ballack will seine Position nicht als generelle Kritik am vom Löw ausgerufenen Konkurrenzkampf verstanden wissen. "Es geht hier nicht um Erbhöfe, sondern einzig und allein um die Leistungen, wobei man da auch unterscheiden muss, wann und wo diese Leistungen erbracht werden." Es sei völlig in Ordnung, wenn der Bundestrainer junge Spieler auffordere, mehr Druck zu machen. "Aber wir dürfen das Spiel nicht zu weit treiben", sagte Ballack.

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