Aus der Frankfurter Zentrale der Deutschen Fußball-Liga war am Samstag nichts vernehmen, kein Triumphgeheul und keine Jubelmeldung. Dabei hatten die Funktionäre, allen voran DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, allen Grund zur Freude und Erleichterung. Denn als erste große europäische Fußballklasse hatte die deutsche Bundesliga wieder den Betrieb aufgenommen und war bis auf ein paar kleinere Pannen gut durch den ersten Spieltag gekommen. Doch die DFL-Spitze mag gewusst haben, dass verfrühte Erfolgsmeldungen den Eindruck einer verantwortungsvollen und ihrer Vorbildfunktion bewussten Liga schnell wieder zerstört hätten.
Den Job übernahm dann Herbert Hainer, Vereinspräsident des FC Bayern München, am nächsten Morgen in der Talkrunde "Doppelpass". Da trompetete Hainer nämlich triumphierend herum: "Die ganzen Chef-Kritiker, die in den letzten Wochen durch die Talkshows gezogen sind und gesagt haben: 'Das wird nie klappen' - die sind auch eines Besseren belehrt worden." Das war nicht nur sachlich falsch, weil nach einem einzigen Spieltag natürlich noch nicht bewiesen ist, dass der Restart der Bundesliga wirklich eine gute Idee war.
Bundesliga-Neustart ein heikles Unterfangen
Es war auch fatal für die Öffentlichkeitsarbeit der Liga, weil Hainer genau jenen schnoddrigen bis überheblichen Ton anschlug, der den Klubs in den letzten Wochen und Monaten so viele Sympathien gekostet hat.
Denn es war tatsächlich ein durchaus heikles und hochumstrittenes Unterfangen der deutschen Politik, den beiden Bundesligen die Wiederbeginn des Spielbetriebs zu erlauben. Und wer das Gepolter des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer vor dem Start hörte, ahnt, dass im Falle größerer Probleme die politische Meinung rasch umschlagen könnte, unterfüttert von zahlreichen Meinungsumfragen, in denen sich eine Mehrheit der Deutschen gegen den Neustart aussprach.
Insofern war Hainers Seitenhieb gegen Mahner und Zweifler unkluges Geplapper. Zumal die Bundesliga auf ihr erstes Wochenende durchaus stolz sein kann. Erstaunliche sechs Millionen Menschen schauten bei Sky die Livespiele am Samstag. Und an allen Standorten hatte man sich erkennbare Mühe gegeben, das komplexe Hygienekonzept des Ligaverbandes umzusetzen – die Spieler wurden mit mehreren Bussen zum Spiel gefahren, die Trainer trugen Mundschutz und die Ersatzspieler saßen auf der Tribüne. Dass die Spieler von Hertha BSC nach ihren Treffern mehrfach in einer Jubeltraube verschwanden, war zwar verboten und erzürnten Werder-Coach Florian Kohfeldt ("Da wurden Vorgaben missachtet, die relativ klar sind"). Der Jubel war aber zugleich nur ein kurzer Moment, in dem der durchchoreographierte Bundesliga-Samstag mal sein vorgeschriebenes Drehbuch ignorierte, sodass man Hertha-Coach Bruno Labbadia verstehen konnte, der feststellte: "Emotionen gehören auch ein Stück dazu, sonst brauchen wir dieses Spiel auch nicht zu spielen."
Von dem, was die Bundesliga, ist in leeren Stadien nichts übrig
Der am Montag zu Ende gehende 26.Spieltag war nur der erste von vielen Etappen, um diese verkorkste Saison irgendwie zu Ende zu bringen. Noch kann all das passieren, was Skeptiker befürchten. Dass Spieler sich selbst und andere anstecken. Dass Spieler einen schweren Krankheitsverlauf haben.
Dass ganze Mannschaften in Quarantäne müssen und so von der mühsam behaupteten Chancengleichheit nichts mehr übrig bleibt. Aber all das ist zumindest bislang ausgeblieben. Und manche Warnung entpuppte sich als alarmistisches Geplapper kenntnisfreier Politiker. Dass etwa Sachsens Innenminister Roland Wöller mit dem Abbruch von Spielen gedroht hatte, wenn es zu Fanansammlungen gekommen wäre, stellte dem Politiker ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Um sich als Hardliner positionieren zu können, hatte er offenbar sämtliche Mitteilungen der deutschen Fanszenen ignoriert, die flächendeckend angekündigt hatten, nicht zu den Spielen zu fahren.

Was aber der Spieltag gezeigt hat: Von dem, was die Bundesliga, was den Fußball überhaupt ausmacht, die flirrende Stimmung in den Stadien, die Fahnen und Gesänge, die großen Gefühle, die Torschreie von den Rängen, ist in leeren Stadien nichts übrig geblieben. Und die Neugier, die an diesem Wochenende greifbar war, wird bald der Ernüchterung weichen. Der Liverpooler Fanforscher Rogan Taylor hat mal gefragt, was Fußball ohne Fans wäre, und sich selbst die Antwort gegeben: "Nur ein Kick von zweiundzwanzig Kurzbehosten im Park". Besser hätte man den 26.Spieltag der Bundesliga nicht beschreiben können.