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Fußball-Sponsoring Rewe kontra DFB: Große Pose mit minimalem Aufwand

"Offizieller Ernährungspartner": Das war einmal. Rewe und der Deutsche Fußball-Bund gehen in Zukunft getrennte Wege
"Offizieller Ernährungspartner": Das war einmal. Rewe und der Deutsche Fußball-Bund gehen in Zukunft getrennte Wege
© Rolf Vennenbernd / DPA
Früher hat Rewe aus Bierkästen Stadien gebaut. Zu dieser WM gab es nur noch ein liebloses Sammelheft. Dass Rewe sich jetzt mit markigen Worten vom DFB trennt, ist geschicktes Marketing – möglicherweise aber mit Vorbildfunktion.
Von Jannik Tillar

Hummel, ING, GLS oder auch die Dänische Landesbank: Etliche Unternehmen boykottieren die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Und viele derjenigen, die dort werben, etwa Adidas, die Telekom oder Budweiser, verschweigen zumindest den Ort des Geschehens. Sie tun damit genau das, was Markenexperten ihnen zuvor geraten haben: Wenn ihr schon werbt, dann klammert immerhin Katar aus. Alles andere schädigt eure Marke. Oder anders gesagt: Werbt ihr mit Katar, können die Menschenrechtsverletzungen auf euch zurückfallen. 

Umso spannender ist daher aber die Strategie von Lebensmittelriese Rewe, die gewissermaßen in keine der beiden Playbooks passt. Die Kölner beendeten am Dienstag ihre Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), nachdem dieser im Streit mit der Fifa eingeknickt war. Torwart Manuel Neuer wird im ersten WM-Spiel gegen Japan nun doch mit der offiziellen Fifa-Kapitänsbinde auflaufen. Die Diversitätsbinde, die DFB und acht weitere Nationen eigentlich tragen wollten, bleibt im Spind. Ansonsten hätten sportliche Sanktionen gedroht, zum Beispiel eine Gelbe Karte.

Rewe wollte sich ohnehin trennen 

Die fehlende Haltung beantwortete Rewe nun unternehmerisch, und kündigte die Zusammenarbeit vorzeitig. "Die skandalöse Haltung der Fifa ist für mich als CEO eines vielfältigen Unternehmens und als Fußballfan absolut nicht akzeptabel", erklärte Rewe-Chef Lionel Souque mit markigen Worten. Das vom Unternehmen vertriebene DFB-Sammelalbum werde nun frei herausgegeben. 

Dazu muss man wissen: Rewe wollte sich ohnehin vom DFB trennen. Schon im Oktober hatte der Konzern mitgeteilt, den langjährigen Vertrag auslaufen zu lassen. Jetzt wurde er lediglich ruhend gestellt. Und wenn man ehrlich ist, nagelte Rewe nur den Sargdeckel auf eine schon lange tote Beziehung.  

Früher, zu den Weltmeisterschaften in Südafrika oder Brasilien, baute Rewe monumentale Stadien aus Bierkisten. Eine ganze Generation wuchs im Fan-Trikot von Rewe auf. Jetzt, zur WM in Katar, gab es gerade mal ein DFB-Sammelalbum mit 35 Spielerkarten. Und das auch noch ohne Katar-Bezug. Selbst nicht nominierte Spieler wie Kevin Volland oder Ridle Baku schafften es ins lieblose Ensemble. Oder anders gesagt: Dass sich Rewe jetzt also so großspurig vom DFB trennt, steht im völligen Kontrast zur Realität. Und es steht exemplarisch für das, was es eigentlich ist: Die größtmögliche Pose mit dem minimalstmöglichen Aufwand

Coup für Marketingabteilung

An der Wertefront, auf LinkedIn und Twitter, wurde die Entscheidung natürlich trotzdem groß gefeiert – wohl nur noch getoppt von der Marketingabteilung der Kölner selbst. Diese hat einen echten Coup gelandet: Timing, geringe Kosten, maximale Aufmerksamkeit – alles passt bei dieser Aktion. Und auf der richtigen Seite steht der Konzern auch noch. 

Tatsächlich ist an der Entscheidung selbst auch nichts auszusetzen. Im Gegenteil: Jede Aktion, jedes Zeichen gegen diese Unrechts-WM in Katar ist wichtig. Und für die überwältigenden Reaktionen ist Rewe auch nicht verantwortlich. Diese könnten im Gegenteil sogar ein Zeichen an andere Unternehmen senden, die bislang harte Schnitte scheuten. Und hier vor allem solche, die wie Rewe nur kleine Sponsoringdeals haben. Das wäre dann tatsächlich eine frohe Botschaft und könnte die Verbände Stück für Stück zum Umdenken bewegen. 

Dieser Kommentar erschien zuerst an dieser Stelle bei capital.de.

wue

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