Angelique Kerber hat das deutsche Wimbledon-Duell gegen Sabine Lisicki nach hartem Kampf für sich entschieden. Die Weltranglisten-Achte aus Kiel bezwang die Berlinerin am Dienstag mit 6:3, 6:7 (7:9), 7:5 und machte damit nach exakt zweieinhalb Stunden Spielzeit ihren ersten Halbfinaleinzug bei den All England Championships perfekt.
Das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen auf dem ehrwürdigen Centre Court des wichtigsten Rasentennisturniers der Welt war nur Ende des zweiten Satzes hochklassig - zu schwankend spielte Lisicki. Die Vorjahreshalbfinalistin konnte nicht an ihre Weltklasse-Leistung aus dem Achtelfinale anknüpfen, als sie sensationell die Weltranglisten-Erste Maria Scharapowa geschlagen hatte.
Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner hatte vorher gesagt: "Schade, dass Bine und Angie nun gegeneinander kommen". Kerber meinte vorab: "Wir kennen uns, seit wir klein sind - die Chancen sind 50:50." Mit ihrer Prognose hatte sie nicht so schlecht gelegen.
Eine Frage der Nerven
Am Ende erwies sich die 24 Jahre alte, so enorm laufstarke Linkshänderin als nervenstärker als die eineinhalb Jahre jüngere Fed-Cup-Kollegin. Auch im dritten Hauptfeld-Vergleich mit ihrer voraussichtlichen Olympia-Doppelpartnerin ging sie schließlich als Siegerin vom Platz. Kerber erreichte damit erst als vierte Deutsche in der Profi-Ära der Grand-Slam-Turniere die Vorschlussrunde von Wimbledon - nach Bettina Bunge (1982), Steffi Graf (10 x zwischen 1987 und 1999) und Lisicki (2011).
Kerber trifft in ihrem zweiten Grand-Slam-Semifinale - nach den US Open 2011 - entweder auf ihre gute Freundin Agnieszka Radwanska aus Polen oder die Russin Maria Kirilenko. Sie feierte bereits ihren 45 Matchgewinn in dieser Saison - das ist Spitze auf der WTA-Tour.
Freundinnen sind die introvertierte norddeutsche Kerber und die in Florida lebende amerikanisierte Lisicki nicht unbedingt. "Wir sind keine Feindinnen und ich werde weiterhin freundlich zu Sabine sein", hatte die Kielerin vorher gewitzelt.
Augen-zu-und-durch-Schüsse retten Lisicki den Satz
Lisicki war zuvor in der englischen Presse am Dienstag gefeiert worden. "Scharapowas Bezwingerin", titelte der "Daily Telegraph" mit einer jubelnden Lisicki auf der Frontseite. Und auch der "Guardian" schwärmte: "Angriffslustige Lisicki zeigt die Zähne."
Gegen die gewohnt variabel und hochkonzentriert spielende Kerber aber wirkte sie zunächst verunsichert bei ihrem Lieblingsturnier und längst nicht so vor Selbstbewusstsein strotzend - nach dem ersten Satz ließ sie sich am linken Daumen behandeln. Sie pushte und kämpfte sich dann in die Partie.
Im zweiten Satz wehrte sie bei 4:5 und im Tiebreak insgesamt drei Matchbälle ab, um sich mit ihren Augen-zu-und-durch-Schüssen und Hammeraufschlägen in den dritten Satz zu retten. Dort aber war die mental so überragende Kerber, die schon im Achtelfinale Kim Clijsters deklassiert hatte, die konstantere Spielerin. Trotz eines 3:5-Rückstands kämpfte sie sich zurück und brachte den Sieg nach Hause.
Nach einem Rückhandfehler der Kontrahentin nutzte Kerber, die am Montag mindestens auf Platz sieben der Weltrangliste klettert, Matchball Nummer fünf zum verdienten Triumph.