Der vom IOC in Lausanne veröffentlichte Prüfbericht schreibt der Hauptstadt Frankreich beste Qualitäten zu, vier Jahre nach Peking 2008 Olympische Spiele ausrichten zu können. In der Beurteilung, die selbst kein Ranking vornimmt, folgen London und Madrid. New York und vor allem Moskau müssen deutliche Einschränkungen hinnehmen. "Der Bericht gibt eine sehr gute technische Entscheidungshilfe", sagte das deutsche IOC- Mitglied Thomas Bach.
Er wies darauf hin, dass bei der Wahl durch die IOC- Vollversammlung am 6. Juli in Singapur "auch geopolitische Erwägungen und Fragen der politischen und wirtschaftlichen Stabilität mit einfließen". In dem Prüfbericht wird die Sicherheitslage in den fünf Städten ausdrücklich nicht bewertet, was Bach "sehr begrüßt. Die Kommission würde sich selbst überfordern, wenn sie die Sicherheitslage im Jahr 2012 heute einschätzen würde".
Welche Rolle politische Erwägungen spielen, wird durch den geplanten Aufmarsch der Prominenz in Singapur deutlich werden. So haben Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und Englands Premier Tony Blair ihr Kommen zugesagt. Es kollidiert mit dem parallel stattfindenden G 8-Gipfel im schottischen Gleneagles.
Hochwertig und kompakt
Der von der 13-köpfigen IOC-Evaluierungskommission angefertigte 123-seitige Bericht bescheinigt Paris eine "sehr hohe Qualität der Präsentation ihrer Pläne". Das Konzept "Ein olympisches Dorf, zwei Zentren" mit 32 Wettkampfstätten, von denen bereits zwölf existieren, sei "kompakt". Die Pläne würden eine bedeutende ökologische und soziale Hinterlassenschaft für Paris und ganz Frankreich bedeuten. Besonders gelobt werden die "hervorragenden" Unterbringungs- Möglichkeiten, die "hohe Kapazität und Qualität" des Transportsystems. Das Budget der Spiele von 2,99 Milliarden Euro sei "gut dokumentiert und erreichbar".
Bei einer ganzen Reihe der 116 IOC-Mitglieder, von denen in der ersten Wahlrunde nur 100 stimmberechtigt sind, hat die französische Hauptstadt zudem einen besonderen Bonus. Trotz einer ebenfalls starken und inzwischen noch optimierten Kandidatur war Paris mit seinen Kandidaturen für die Spiele 1992 an Barcelona und 2008 an Peking gescheitert. Madrid und New York bewerben sich zum ersten Mal. Paris war bereits 1900 und 1924 Ausrichter Olympischer Spiele, London 1908 und 1948, Moskau 1980.
Genug Betten?
Bei guten Noten zweifelt der Bericht bei London, ob die Stadt alle Baupläne rechtzeitig zu Ende bringen könne. Bei der Unterbringung sprechen die IOC-Prüfer lediglich von "einer ausreichenden Zahl von Hotelräumen". Für ein effektives Transportsystem sei es erforderlich, dass die substanziellen Pläne "voll umgesetzt werden". Der Etat von 2,46 Milliarden Dollar (2,78 Milliarden Euro) wird als "detailliert, gut abgestützt und erreichbar" bezeichnet. Madrids Einschränkung liegt in der Unterbringung. Hervorgehoben werden das kompakte Konzept und die Qualität des Transportsystems.
New York wird angekreidet, dass es bisher keine Garantien für ein Olympiastadion und ein internationales Pressezentrum geben konnte. Eine endgültige Entscheidung über den Standort der Arena wird für Anfang dieser Woche in New York erwartet. Moskau wird kritisiert, weil es "Lücken in seiner Detailplanung" aufweist. Überhaupt machten es der Kommission "Hintergrundinformationen" schwer, "das Projekt zu untersuchen". Zudem werden Moskau Mängel im Transportsystem, bei der Unterbringung und beim Bau neuer Wettkampfstätten attestiert.
Der IOC-Bericht hat seine besondere Bedeutung dadurch, dass seit 1999 IOC-Mitglieder nicht mehr Olympia-Bewerber besuchen dürfen. Ausschlaggebend dafür ist der Korruptionsskandal um den erfolgreichen Bewerber der Winterspiele 2002, Salt Lake City. Er kostete zehn Olympiern ihr Amt. Mit weiteren Regelverschärfungen und der Einführung einer Ethik-Kommission hatte das IOC versucht, die Bewerbungskampagnen vom Ruch der käuflichen Stimmen zu befreien.