Medaillenzeremonien abgesagt Die Wut der Konkurrenz auf Wunderläuferin Walijewa ist gewaltig

"Habe ich Mitleid mit Kamila? Ich glaube nicht": Kamila Walijewa wurde vor Olympia positiv getestet
"Habe ich Mitleid mit Kamila? Ich glaube nicht": Kamila Walijewa wurde vor Olympia positiv auf das Herzmittel Trimetazidin    getestet
© Anne-Christine Poujoulat / AFP
Die Siegerehrungen im Eiskunstlauf der Frauen entfallen, weil ein Urteil im Dopingfall von Favoritin Kamila Walijewa aussteht. Das bringt die Konkurrenz gegen sie auf, die Wut ist vor Abschluss der Kür groß.

Nach dem Kurzprogramm flossen ein paar Tränen bei Kamila Walijewa, der 15-jährigen Eiskunstläuferin aus Russland. Als Führende mit 82,16 Punkten beendete sie am Dienstag den ersten Teil des Einzelwettbewerbs. Es war ihr schlechtestes Ergebnis für ein Kurzprogramm in dieser Saison, doch es reichte, um vor der Konkurrenz zu landen. Waljewa ist derzeit die beste Eiskunstläuferin der Welt. An ihre Athletik und ihre Ausdruckskraft reicht im Moment keine andere heran. Am Donnerstag folgt die Kür, und der Wettbewerb wird vermutlich nur eine Goldmedaillengewinnerin Walijewa auf Zeit sehen. 

Niemand zweifelt das Genie der jungen Russin an, aber eine Frage lastet schwer auf dem olympischen Wettbewerb. Darf Walijewa überhaupt dabei sein? Im Dezember wurde sie positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet, dennoch entschied der Internationale Sportgerichtshofs Cas, dass sie zum Einzelwettbewerb antreten darf. Den Teamwettbewerb hatte sie vorher absolviert und Gold gewonnen, weil zu diesem Zeitpunkt der positive Test noch nicht bekannt war.

Nun steht alles unter Vorbehalt. Wer am Ende die Medaillen gewinnt, wird sich nach den olympischen Spielen entscheiden. Aus diesem Grund beschloss das IOC, dass die Medaillenzeremonien entfallen. Der Ausfall betraf auch die Medaillenvergabe im Teamwettbewerb.

Die Konkurrenz ist genervt vom russischen Team

Unter der Konkurrenz kam das nicht gut an. Das Team der USA protestierte scharf gegen die abgesagte Siegerehrung. Der Zorn richtete sich gegen das IOC und Präsident Thomas Bach, der die Amerikaner sogar zu einer Aussprache traf. Japan, dass Bronze gewonnen hatte, verzichtete auf ein Treffen. US-Trainer Adam Rippon hatte schon vor dem Kurzprogramm über den "Witz" gewütet, den die Wettkämpfte jetzt darstellten. Später sagte er: Siegerehrungen seien für die Athleten, Betreuer und Familien wichtig:  "Und jetzt wird ihnen diese Erfahrung geraubt - von Leuten, die seit Jahren immer wieder gegen das Fairplay verstoßen, und die überhaupt nicht hier sein sollten."

Die Aussage macht deutlich, wie sehr die Konkurrenz auch vom russischen Team genervt ist. "Habe ich Mitleid mit Kamila? Ich glaube nicht", sagte die japanische Läuferin Kaori Sakamoto, die im Kurzprogramm den dritten Platz belegt hatte. Sie sei nicht sicher, ob der Wettbewerb fair sei. Die US-Meisterin Maria Bell blieb ebenso zurückhaltend, doch deutlich: "Es erscheint mir falsch, Leute zu bestrafen, die nichts falsch gemacht haben". Den Fall Walijewa wollte sie nicht direkt kommentieren, erlaubte sich aber einen Seitenhieb auf die russische Konkurrentin: "Ich bin stolz darauf, dass ich in meiner langen Karriere immer eine saubere Athletin geblieben bin."

Der Fall Kamila Walijewa bestärkt Vorurteile gegen Russland

Umso schwerer wiegt, dass Russland wegen systematischen Staatsdopings sowieso schon gesperrt ist. Die Athleten treten unter der Fahne des Russischen Olympischen Komitees an, statt der Nationalhymne wird Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 bei Siegerehrungen gespielt. Und jetzt der Fall Walijewa, ein Teenie, der offenbar mithilfe von Medikamenten auf Höchstleistungen getrimmt wurde und den Wettbewerb entwertet. Mehr schlechte PR geht nicht.

Genau das Thema sprach die US-Athletenvereinigung AAC an, die vom IOC forderte, allen Teilnehmenden "saubere und faire Spiele" zu garantieren. Dass Walijewa niemals hätte antreten dürfen, machte die internationale Vereinigung Global Athletes deutlich. Es gäbe gar keine Diskussionen, wenn die Anti-Doping-Agenturen, das IOC und der Sportgerichtshof Cas "ihre Arbeit getan und Russland aus dem Weltsport verbannt hätten".

Quellen: DPA, "Faz", "Süddeutsche Zeitung"

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