WINTERSPORT Sicherheitsfragen nach Cavagnouds Tod

Der Tod von Super-G-Weltmeisterin Regine Cavagnoud hat in der Ski-Welt große Trauer und tiefe Bestürzung sowie eine neue Sicherheitsdiskussion ausgelöst.

Der Tod von Super-G-Weltmeisterin Regine Cavagnoud hat in der Ski-Welt große Trauer und tiefe Bestürzung sowie eine neue Sicherheitsdiskussion ausgelöst. Die Französin nach dem schweren Zusammenprall mit dem deutschen Nachwuchstrainer Markus Anwander beim Abfahrtstraining auf dem Pitztaler Gletscher in Österreich im Alter von 31 Jahren gestorben.

Der 40-jährige Anwander, der sich bei dem Unfall ebenfalls schwerste Verletzungen zugezogen hatte, ist zwar offenbar stabil, aber noch lange nicht über den Berg: »Ob er jemals ganz gesund wird, kann man nicht sagen«, erklärte Chef-Chirurg Norbert Mutz.

Geschockte Ski-Welt

In Anwesenheit der Eltern von Regine Cavagnoud stellten die Ärzte am Mittwochvormittag auf Grund der Schwere der Verletzungen die Beatmungsgeräte ab, die den Ski-Star, der in seiner Heimat beerdigt werden soll, noch am Leben gehalten hatten.

»Wir sind total geschockt. Der Unfallhergang ist so tragisch«, sagte die deutsche Spitzenfahrerin Martina Ertl und drückte damit die Gefühlslage aller ihrer Kolleginnen und Kollegen aus. Fast acht Jahre nach dem Tod der Österreicherin Ulrike Maier bei der Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen beklagt der Ski-Zirkus wieder ein Todesopfer.

»Dieser schreckliche Unfall zeigt, dass man ein Restrisiko nie wird ausschalten können. Wir müssen alles daran setzen, dass unsere Läuferinnen das Vertrauen nicht verlieren«, forderte Österreichs Damen-Cheftrainer Karl Frehsner.

Zwischenfälle häufen sich

Der Unfall ist offenbar kein Einzelfall. Slalom-Olympiasiegerin Hilde Gerg war nach eigener Aussage vor zwei Jahren in den USA im Training mit einem Service-Mann des DSV zusammengestoßen. Damals blieben aber beide unverletzt.

Bei der WM 1999 in der spanischen Sierra Nevada war die Russin Tatjana Lebedewa mit dem auf der Piste stehenden deutschen FIS-Funktionär Harald Schönhaar kollidiert und hatte sich schwere Verletzungen zugezogen.

Noch keine Aussage über die Schuldfrage

Angesichts der vielen Unklarheiten hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck die Ermittlungen aufgenommen und eine Obduktion angeordnet. Dabei soll auch geklärt werden, ob Cavagnoud ohne Helm gefahren ist.

Obwohl über die Schuldfrage bislang noch keine Aussagen gemacht wurden, steht der alpine Ski-Sport vor der Aufgabe, auch auf den Trainingspisten bessere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

»Bislang hat immer alles funktioniert, da ist es schwierig, schnelle Erklärungen zu haben. Wir müssen versuchen, systematische Fehler zu finden«, sagte Walter Vogel, Alpin-Chef des Deutschen Ski-Verbandes (DSV).

Kommunikationsprobleme

Offensichtlich gab es zwischen dem deutschen Nachwuchsteam und der französischen Abfahrts-Auswahl am Unfalltag Kommunikationsprobleme. Beide Mannschaften teilten sich eine Piste, benutzten aber unterschiedliche Funkfrequenzen und konnten sich so nicht kurzfristig absprechen.

Anwander begann bereits mit der Pisten-Präparierung, als Cavagnoud noch unterwegs war. Trotz des schrecklichen Unfalls hält DSV-Damen-Cheftrainer Wolfgang Maier auch in Zukunft eine einheitliche Funkfrequenz für alle Mannschaften für unwahrscheinlich. »Daran wird sich kaum etwas ändern«, sagte er.

»Jeder weiß, dass es einem selbst passieren kann«

Auch herrscht auf den Gletschern regelmäßig Hochbetrieb. »Jeder weiß, dass es einem selbst passieren kann. Ich hatte Situationen, wo es sehr, sehr knapp war«, sagte Kombinations-Weltmeisterin Martina Ertl.

Günther Hujara, der Renndirektor des Weltverbandes FIS, merkte an, dass die für den Weltcup gültigen Sicherheitsbedingungen »im Trainingsbetrieb allerdings oft über den Haufen geworfen« würden.

Bestürzung in Frankreich

Der Tod von Regine Cavagnoud hatte Bestürzung ausgelöst. Bei der Fecht-Weltmeisterschaft im französischen Nimes legten die Akteure und Zuschauer eine Schweigeminute ein.

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac sowie Ministerpräsident Lionel Jospin sprachen der Familie der Verstorbenen ihr Beileid aus. In einem Schreiben an die Eltern erklärte Chirac: »Im Namen aller Franzosen sende ich Ihnen meine tiefe Anteilnahme angesichts dieses grausamen und dramatischen Ereignisses.«

Dreimal bei Olympia

Regine Cavagnoud nahm drei Mal (1992, 1994, 1998) an Olympischen Winterspielen teil. Ihren ersten von insgesamt acht Weltcup-Siegen feierte sie 1999 in Cortina d¿ Ampezzo.

In der vergangenen Saison wurde sie zur »Miss Super-G«, gewann drei Weltcup-Rennen, den WM- Titel und den Disziplin-Weltcup. Am vergangenen Wochenende stand sie beim Weltcup-Auftakt als Dritte im Riesenslalom von Sölden zum letzten Mal auf dem Siegerpodest.

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