Alles ist teurer geworden, Inflation sei Dank. Immerhin ist sie etwas gesunken: So lag der Verbraucherpreisindex im August dieses Jahres bei 6,1 Prozent – im Vorjahresmonat waren es noch 7,0 Prozent. Doch die Zeiten, in denen diese Werte noch unter 2,0 lagen, scheinen lange zurückzuliegen.
Etwas anders sieht es bei unseren nördlichen Nachbarn aus: In Dänemark lag die jährliche Inflationsrate – genauer gesagt der "Harmonisierte Verbraucherpreisindex" (HICP) – bei 2,3 Prozent, wie Danmarks Statistik am Freitag mitteilte. Im Juli 2023 lag der Wert demnach bei 3,2 Prozent, im August des Vorjahres sogar bei 9,9 Prozent. Seit Monaten kennen die dänischen Inflationswerte nur eine Richtung: nach unten.
Dänemark im August mit niedrigster Inflation – Deutschland unteres Mittelfeld
Damit haben die Dänen sogar die niedrigste Inflation in der gesamten Europäischen Union. Knapp hinter den Skandinaviern liegen Belgien und Spanien (beide 2,4 Prozent), so die Zahlen von Eurostat. In der gesamten EU lag die jährliche Inflationsrate im August dieses Jahres bei 5,9 Prozent, in der Eurozone bei 5,2 Prozent. Die höchsten Jahresraten wurden in Ungarn (14,2 Prozent), Tschechien (10,1 Prozent) und der Slowakei (9,6 Prozent) gemessen.
Die Jahresteuerungsrate (jährliche Inflation) ist die Veränderung der Preise für Waren und Dienstleistungen zwischen dem laufenden Monat und dem dem entsprechenden Monat des Vorjahres. Die monatliche Inflation ist die Veränderung des Preisniveaus zwischen dem laufenden Monat und dem Vormonat.
(Quelle: Eurostat)
Allerdings muss betont werden, dass es sich dabei immer um "Momentaufnahmen" handelt. Im Juni dieses Jahres hatten beispielsweise Spanien und Belgien eine jährliche Inflationsrate von 1,6 Prozent – Dänemark hingegen einen Wert von 2,4. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt für die Eurozone einen Wert von 2,0 an.
Dennoch ist die Freude in der dänischen Wirtschaft über die guten Zahlen groß: "Dänemark ist Europameister bei niedriger Inflation", sagte Allan Sørensen, Chefvolkswirt von Dansk Industri, dem Hauptverband der dänischen Industrie und zugleich größter Unternehmens- und Arbeitgeberverband des Landes, der Nachrichtenagentur Ritzau.
Der Hauptgrund für den Rückgang der Inflation in Dänemark seien die gesunkenen Energiepreise, sagte Christian Kettel Thomsen, Direktor der Dänischen Nationalbank, am Mittwoch vor Journalisten. Ein gedämpftes Wachstum, niedrigere Rohstoffpreise (etwa für Gas) und die Wiederherstellung der globalen Lieferketten hätten ebenfalls dazu beigetragen.
Höhere Zinsen und ein schwächeres Wirtschaftswachstum hätten zudem zu einer geringeren Nachfrage geführt, was wiederum zu einer niedrigeren Inflation geführt habe, erklärte Thomas Harr, Vizedirektor der dänischen Nationalbank, in einem Podcast der Bank.
Ökonomen in Dänemark mahnen wegen Kerninflation
Darüber hinaus ist es eines der Hauptziele der Nationalbank, durch das Beibehalten eines festen Wechselkurses gegenüber dem Euro der Inflation entgegenzuwirken. Dieser Kurs beträgt ungefähr 1 Euro = 7,5 Dänische Kronen. Somit schafft Dänemark einen Anker für niedrige und stabile Inflationserwartungen im Land. Die Nationalbank folgt daher häufig den Zinserhöhungen der EZB. Diese Preisstabilität spiegelt sich in einem relativ moderaten Anstieg der Inflationserwartungen des privaten Sektors für die kommenden Jahre wider.
Wenn die Preise verrückt spielen: Länder mit extrem hoher Inflation – und mit sehr niedriger

Dennoch geben die dänischen Ökonomen keine Entwarnung, denn sie sorgen sich um die Kerninflation. Diese beschreibt die Entwicklung der Verbraucherpreise ohne Berücksichtigung von Nahrungsmitteln und Energie. Im August lag sie in Dänemark bei 4,6 Prozent und damit deutlich über der jährlichen Inflationsrate. Dass sie in Dänemark so hoch ist, liegt laut Nationalbankchef Kettel Thomsen an "indirekten Effekten" durch höhere Energiepreise. Unternehmen, die Energie teuer einkaufen mussten, hätten dies auf die Warenpreise umgelegt. Das Institut befürchtet, dass die Kerninflation wegen der zu erwartenden Lohnerhöhungen hoch bleibt. Eine strikte Wirtschafts- und Finanzpolitik sei daher notwendig, sagte Kettel Thomsen.
Fragen und Antworten zu Inflation
Was ist Inflation?
Inflation bezeichnet den Anstieg des Preisniveaus: Die Verbraucherpreise steigen über einen längeren Zeitraum. Sie führt zur Geldentwertung: Die Kaufkraft des Geldes nimmt ab. Die Inflation wird durch die Inflationsrate gemessen: Sie gibt an, wie stark die Preise für Waren und Dienstleistungen in einem bestimmten Zeitraum gestiegen sind.
Wie entsteht Inflation?
Eine Inflation kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst oder beschleunigt werden. Man unterscheidet zwischen Nachfrage- und Angebotsinflation. Bei der Nachfrageinflation übersteigt die Nachfrage das Angebot. Aufgrund der Verknappung des Angebots können die Unternehmen die Preise für Waren und Dienstleistungen erhöhen. Steigen die Preise, sinkt jedoch der Wert des Geldes. Gründe dafür sind steigender Konsum der privaten Haushalte, steigende Investitionen der Unternehmen, steigende Investitionen des Staates sowie steigende Exporte.
Angebotsinflation ist ein Anstieg des allgemeinen Preisniveaus aufgrund höherer Produktionskosten – vor allem verursacht durch steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie höhere Löhne.
Warum ist eine hohe Inflation schlecht?
Für eine gesunde und wachsende Wirtschaft ist es wichtig, dass der Wert des Geldes stabil bleibt. Inflation beeinträchtigt Wachstum und Wohlstand auf vielfältige Weise. Verlierer sind unter anderem Bezieher von Lohn, Rente oder Sozialleistungen, deren Einkommen in der Regel verzögert angepasst werden. Dies bedeutet einen Verlust der Kaufkraft. Das bedeutet, dass für einen bestimmten Geldbetrag bei steigender Inflation nicht mehr so viele Güter gekauft oder Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können wie zuvor.
(Quellen: Bundesregierung, Deutschlandfunk)
Warum Deutschlands Inflation (noch) höher ist
Für 2024 erwartet die Nationalbank in Dänemark eine Inflation von 3,0 Prozent, im Jahr darauf von 2,6 Prozent. Die Kerninflation wird allerdings höher ausfallen und erst 2025 3,0 Prozent erreichen.
Doch warum ist die Inflation in Deutschland im Vergleich zu Dänemark – und anderen Ländern – immer noch so hoch?
Das liegt zum einen an der Energieversorgung. Deutschland war von russischem Gas abhängig und musste sich nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nach neuen Lieferländern umsehen. Das war für das Industrieland Deutschland teuer und wirkte sich wiederum auf die Preise aus – dabei waren Energieprodukte schon vor dem Krieg teurer geworden.
Weitere Gründe waren die steigende Nachfrage bei gleichzeitig geringem Angebot. Nach dem Wegfall der Coronabeschränkungen holten die Verbraucher aufgeschobene Anschaffungen nach. Gleichzeitig steigen weltweit die Produktionskosten, Lieferketten sind seit Corona gestört. Der Krieg in der Ukraine hat das Angebot weiter verknappt, vor allem bei Energie und Getreide.
Dennoch erwarten Ökonomen für Deutschland eine baldige Erholung der Inflation: Laut ifo-Institut dürften die Raten in den kommenden Monaten weiter sinken, da sich vor allem bei der Energie Preisrückgänge abzeichnen – ähnlich wie in Dänemark. Doch wie in Dänemark rechne das Institut mit steigenden Löhnen. Insbesondere bei den arbeitsintensiven Dienstleistungen werde die Teuerung nur langsam zurückgehen, da steigende Lohnkosten den Preisdruck hoch halten.
Für 2024 erwarten die ifo-Ökonomen eine normalisierte Inflationsrate von durchschnittlich 2,6 Prozent, für 2025 von 1,9 Prozent. Auch die Kerninflation soll 2024 bei 3,1 Prozent liegen – nach 6,0 Prozent in diesem Jahr. Für 2025 wird ein Wert von 2,4 Prozent prognostiziert.
Quellen: Danmarks Statistik, Eurostat (1), Eurostat (2), Statistisches Bundesamt, Danmarks Nationalbank (1), Danmarks Nationalbank (2), Danmarks Nationalbank (3), Pressekonferenz Danmarks Nationalbank, ifo, Bundesregierung, Deutschlandfunk, tagesschau.de, Ritzau via Danmarks Radio