Drehscheibe Österreich Wirtschaft orientiert sich nach Osten

Mehr als jedes andere Land in der "alten" EU orientiert sich die Wirtschaft des Alpenlandes schon seit den neunziger Jahren erfolgreich in Richtung östliche Nachbarn.

Österreichische Unternehmen schauen nicht erst seit der EU-Mitgliedschaft der acht Mittelosteuropäischen Staaten am 1. Mai in Richtung Osten. Mehr als jedes andere Land in der "alten" EU orientiert sich die Wirtschaft des Alpenlandes schon seit den neunziger Jahren erfolgreich in Richtung östliche Nachbarn. Immerhin hat es mit diesen eine längere gemeinsame Grenze (über 1.300 Kilometer) wie etwa mit Deutschland.

Historische Bande helfen

Dabei nutzen der Wirtschaft der Donaurepublik nicht nur die geographische Nähe zu Tschechien, Ungarn, der Slowakei oder Slowenien. Österreich, das sich als "Drehscheibe" zwischen Ost- und Westeuropa versteht, kommen dabei seine historischen Bande nach Ost- und Südosteuropa und zum Balkan zu Gute: Schließlich sind durch die jüngste EU-Erweiterung die großen Wirtschaftsräume der ehemaligen K.u.K. Monarchie wieder friedlich unter einem Dach vereinigt. Das kleine Austria kann dadurch eine Brückenfunktion für andere EU-Partner einnehmen - wie etwa den großen Nachbarn Deutschland.

Wie stark sich Österreichs Unternehmen in den mittelosteuropäischen Ländern (MOEL) engagiert haben, beweist die Statistik. Nach eine Studie des Wiener Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) hat die Wirtschaft des Landes in den vergangenen Jahren 18,6 Milliarden Euro in den MOEL investiert, davon 14,1 Milliarden in den acht neuen EU-Ländern. Mit einem Anteil von 15 Prozent ist das Alpenland, das kleiner ist als Bayern, hier einer der größten Einzel-Investoren. Für die acht neuen EU-Ländern liegt der Investitionsanteil gar bei 23,2 Prozent (30 Prozent in Slowenien). 1998 hatte der Anteil an den Investitionen gerade einmal 3,1 Prozent betragen.

Investitionen lohnen sich

Dass sich diese Investitionen lohnen, zeigen die Zahlen. Österreichische Tochtergesellschaften erwirtschafteten schon 2001 in den MOEL einen Nettogewinn von 1,1 Milliarden Euro und erzielten damit eine Rentabilität von 12,5 Prozent; bei den unmittelbaren Nachbarn Slowakei und Ungarn waren es gar 20 Prozent. Wichtige Stützen waren die Länder - vor allem in Südosteuropa - auch bei den Exporten. Während die Ausfuhren etwa nach Deutschland stagnierten, erhöhten sie sich 2003 im Osten und Südosten um 10,4 Prozent (Rumänien +24,8 Prozent). Zwar ist Deutschland für Österreich mit 31,99 Prozent Exportanteil nach wie vor die unangreifbare Nummer Eins, doch nimmt der ehemalige Ostblock mit 18,9 Prozent einen beachtlichen Rang ein.

Wie groß die Anziehungskraft der neuen und künftigen EU-Länder auf österreichische Unternehmen ist, beweisen die Schlagzeilen in der heimischen Presse tägliche aufs Neue. Nahezu alle großen Unternehmen und Konzerne Österreichs haben sich inzwischen in den MOEL eingekauft. Zuletzt Österreichs größter Ölkonzern OMV, der Ende Juli den staatlichen rumänischen Ölkonzern Petrom für 1,4 Milliarden Euro übernahm. Lange vor allen anderen haben sich Österreichs Banken in den Nachbarländern, aber auch in Polen oder dem Baltikum eingekauft und machen dort beste Geschäfte.

Österreicher war "früher dort als alle anderen"

So trägt etwa die "Bank Austria" (BA-CA), die von der deutschen HypoVereinsbank übernommen wurde, durch ihre Ost-Aktivitäten nach wie vor zum Gewinn der HVB bei. Doch auch die Industrie investiert weiter heftig. So erwägt der Autohersteller Magna-Steyr den Bau einer Fertigung in Tschechien oder Rumänien für 400 Millionen Euro. Und während die Lebensmittelkette Meinl sich in Österreich dem Dauerdruck der Konkurrenz beugen und aufgeben musste, blühen Meinl-Filialen überall im Osten.

Dass Österreich bisher so erfolgreich in den MOEL war, ist nach Meinung des Wirtschaftsforschers Jan Stankovsky "einfach zu erklären". "Die Österreicher waren einfach durch ihre Erfahrung früher dort als alle anderen". Durch die Pionierarbeit ihrer Banken hätten sie das nötige Wissen für weitere Investitionen erhalten. "Einige haben sich zwar eine blutige Nase geholt, aber für die meisten hat es sich gelohnt."

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Christian Fürst, dpa

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