Haushalt Steuergeschenk bleibt Zukunftsmusik

Der Kanzler wollte einen Paukenschlag für die lahmende Konjunktur, aber der Widerstand der Länder hält an, ihnen ist die Gegenfinanzierung immer noch zu schwammig. Finanzminister Eichel verteidigt seinen Plan.

Das von der Bundesregierung beschlossene Steuergeschenk in Milliardenhöhe bleibt vorerst Zukunftsmusik. Die Zustimmung der Länder zum Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 ist völlig ungewiss. Für das Vorhaben erntete die Koalition am Montag wegen der unklaren Gegenfinanzierung scharfe Kritik. Die EU-Kommission warnte davor, die Steuersenkung mittels Krediten zu bezahlen. Das Projekt "muss sauber finanziert werden", hieß es in Brüssel.

Ohne Bundesrat geht nix

Der Bundesrat muss dem Projekt zustimmen. Weder Bundeskanzler Gerhard Schröder noch den Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Edmund Stoiber, gelang es, die eigenen Reihen zu schließen. Sowohl unions- als auch SPD-regierte Länder wollen das Vorziehen der Steuerreform nicht vorbehaltlos mittragen, auch wenn sie es im Grundsatz als richtige Maßnahme zur Belebung der Konjunktur begrüßten. Sie fordern vom Bund einen Ausgleich für die erwarteten Steuerausfälle von mehr als 20 Milliarden Euro.

Eichel verteidigte Gegenfinanzierung

Schröders Kabinett hatte am Sonntag beschlossen, die 2005-Stufe vorzuziehen und erklärt, dies durch Privatisierungserlöse, Schulden und Subventionsabbau zu bezahlen. Genauere Angaben wurden aber nicht gemacht. Finanzminister Hans Eichel verteidigte die Gegenfinanzierung. Er habe zu Gunsten von Bund, Ländern und Kommunen Sparvorschläge für 26 bis 28 Milliarden Euro vorgelegt, sagte der SPD-Politiker in der ARD. Das sei mehr als die Steuerentlastung von 22,5 Milliarden Euro.

Grüne uneins

Obwohl dies eine solide Finanzierung sei, bestehe er nicht auf einer "harten Konsolidierung", meinte Eichel. "Dann müssen wir eine höhere Neuverschuldung in Kauf nehmen." Nach Angaben seines Sprechers Jörg Müller will sich der Bund mit den Ländern noch im Sommer über die Gegenfinanzierung einigen. Die Grünen stritten heftig über eine Ausweitung der Neuverschuldung. Haushaltssprecherin Antje Hermenau nannte es "ziemlich merkwürdig", dass die Parteispitze den Plan mittrage, obwohl die Fraktion mehrheitlich dagegen sei. Sie drohte: "Die Regierung braucht auch Mehrheiten im Bundestag."

Union ringt um gemeinsame Position

Merkel forderte Eichel auf, den Ländern entgegen zu kommen. Nach jetziger Beschlusslage werde die Union das Projekt nicht bewilligen, sagte sie dem TV-Sender N24. Dagegen plädierten die CDU-Ministerpräsidenten von Thüringen und Baden-Württemberg, Dieter Althaus und Erwin Teufel, für Zustimmung. Im Interesse der Konjunktur "sollten wir das nicht blockieren", sagte Althaus der ARD. Teufel unterstrich: "Wir brauchen die Steuerentlastung." Der hessische Regierungschef Roland Koch (CDU) vertrat die harte Linie von Merkel und Koch.

Kabinettsentscheid am Mitwoch

Das Kabinett will Eichels umstrittenen Haushalt für 2004 am Mittwoch beschließen, ohne die Kosten der zusätzlichen Steuerentlastungen einzurechnen. Dies soll im August kurz vor der Einbringung des Etats ins parlamentarische Verfahren geschehen.

"Prinzip Hoffnung"

SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte zur Gegenfinanzierung im Deutschlandradio: "Das Ganze ist auch ein Stück Prinzip Hoffnung, was wir da machen." Er gehe von Selbstfinanzierungseffekten durch mehr Konsum und Investitionen aus. Müntefering und Spitzenpolitiker der Grünen rechnen mit einer Einigung mit der Union. Wirtschaftswissenschaftler warnten ebenso wie die EU-Kommission vor einem erneuten Verstoß Deutschlands gegen die Euro-Stabilitätskriterien wegen zu hoher Neuverschuldung.