In den Testagenturen Heilbronn, Bremerhaven, Mainz, Essen, Eberswalde, Halle, Schwerin, Marburg, Augsburg und Annaberg-Buchholz werden Arbeitslose seit Monaten nicht mehr als Bittsteller behandelt, sondern als Kunden. Der Testlauf war erfolgreich.
"Die Arbeit der Agenturen konnte mit dem neuen Geschäftsmodell verbessert werden", zieht der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, Bilanz. "Die Abläufe werden effizienter, die Qualität der Arbeit steigt." Wichtigstes Ergebnis: Die durchschnittliche Wartezeit der Kunden wurde nahezu halbiert, von vorher 22 auf nunmehr 13 Minuten.
Auch viele Mitarbeiter sind zufriedener und gelassener
Der Umbau der Agenturen von einem oft schwerfälligen Behördenapparat zum modernen Dienstleister ist das Kernelement der Reform der Bundesagentur. Die Arbeitsvermittler sollen von Routineaufgaben entlastet werden und mehr Zeit für ihre eigentliche Aufgabe gewinnen.
Davon profitieren auch die Kunden: "Sonst habe ich immer eine halbe oder ganze Stunde gewartet", erzählt der arbeitslose Metallbauer Jens Grund (34). "Jetzt hat es nur fünf Minuten gedauert - und das auch nur, weil ich zu früh da war."
Zufriedener und gelassener sind auch viele Mitarbeiter. "Wir haben weniger Stress mit der Kundschaft, vor allem in der Antragsbearbeitung, wo es ans Eingemachte geht", bilanziert Bereichsleiter Herbert Jordan von der Agentur für Arbeit in Mainz. Dort stieg die Kundenzufriedenheit von 51 auf 70 Prozent.
Das "Kundenmanagement" beginnt schon im Eingangsbereich
"Früher habe ich nur bestimmte Berufsgruppen bearbeitet", erzählt die Schweriner Beraterin Doris Facklam. "Jetzt habe ich alles vom Trockenbauer bis zum Diplom-Ingenieur." Statt um früher fast 600 Arbeitslose muss sie sich jetzt nur noch um 400 kümmern.
Kunden müssen in den weitläufigen Agenturen nicht mehr hilflos durch die Gänge irren. "Das geht nach farbigen Pfeilen, da kann man gar nichts verfehlen", sagt der arbeitslose Koch Hendrik Freitag aus Schwerin. Das "Kundenmanagement" beginnt schon im Eingangsbereich. Kleinere Anliegen werden am Empfang erledigt. Für die Aufnahme der Daten und die Ausgabe von Formularen steht der Eingangsbereich zur Verfügung. Termine für Beratungsgespräche werden ebenfalls dort vereinbart oder telefonisch im Servicecenter, wo auch Adressen-Änderungen oder Bankverbindungen aufgenommen werden.
Die für die Vermittlung verfügbare Zeit ist deutlich gestiegen
Bevor der Kunde überhaupt einen Vermittler zu Gesicht bekommt, ist er bereits "komplett durchleuchtet". Das eigentliche Beratungsgespräch ist so im Schnitt bereits nach sechseinhalb Tagen möglich, und: Es wird nicht mehr durch ständiges Telefongeklingel unterbrochen. Die für die Vermittlung verfügbare Zeit ist in der Modellphase in allen Agenturen deutlich gestiegen. Künftig sollen die Vermittler wenigstens 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für ihre Kernaufgabe verwenden - früher waren es oft nur 25 Prozent.
Ursprünglich sollte der Umbau aller 180 Agenturen für Arbeit bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Durch die Probleme bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe verzögert sich die flächendeckende Einführung der Kundenzentren allerdings um ein Jahr. Die BA will vermeiden, dass ihre Agenturen binnen kurzer Zeit zwei Mal umstrukturiert werden müssen.
Das neue Modell funktioniert nur so gut wie die Wirtschaft funktioniert
Beschleunigte Abläufe und höhere Effizienz sollen aus der Sicht des BA-Verwaltungsrates auch die Kosten reduzieren. Wenn es durch schnellere Vermittlung neuer Stellen gelingt, die Dauer der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit um nur eine Woche zu verkürzen, bringt dies Einsparungen von einer Milliarde Euro im Jahr.
Eines ist auch Frank-Jürgen Weise und seinen Vorstandskollegen Heinrich Alt und Raimund Becker klar: Das neue Geschäftsmodell funktioniert nur so gut wie die Wirtschaft funktioniert. "Wenn es keine freien Stellen gibt, können wir auch keine vermitteln."
Manfred Präcklein, Christoph Dreyer und Andrea Löbbecke, dpa