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Krankenhaus-Not 130.000 Klinikmitarbeiter bei Großdemo

Ärzte und Pfleger aus der gesamten Bundesrepublik haben in Berlin ihrem Unmut über die Finanzmisere der Kliniken Luft gemacht. Mit Transparenten und Trillerpfeifen versammelten sich 130.000 Demonstranten am Brandenburger Tor. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte vor einer Wartelistenmedizin und schlimme Folgen für Patienten.

Mit Trillerpfeifen und lautstarken Parolen haben 130.000 Klinikmitarbeiter am Donnerstag in Berlin mehr Geld für die deutschen Kliniken gefordert. Mehr als ein Drittel der Häuser stehe vor der Pleite, mahnte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Rudolf Kösters, bei einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor. Es drohten eine Wartelistenmedizin und schlimmen Folgen für Patienten.

Zwar hat die Bundesregierung den 2100 Krankenhäusern in einem Notpaket am Mittwoch 3,2 Milliarden Euro zugesagt. Die Kliniken halten jedoch eine Finanzspritze von 6,7 Milliarden Euro für nötig. Kösters bezweifelte auch die von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt genannte Summe: "Die Wahrheit ist, es ist nicht einmal die Hälfte. So etwas nennt man eine Mogelpackung! Meine Damen und Herren aus der Politik, wir lassen uns nicht verkohlen und abspeisen." Auch der Hauptgeschäftsführer der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Armin Ehl, rief den Demonstranten zu: "Unser Zorn bleibt. Der Kampf ist nicht zu Ende." Städtetagspräsident Christian Ude sagte, wenn es so weiter gehe, sei die Grundversorgung der Bevölkerung in Gefahr. "Es ist keine Panikmache, sondern eine nüchterne Wahrheit: Die Kliniken stehen vor dem Kollaps. Sie sind selber ein Fall für die Intensivstation."

Klinikbetreiber, Ärzte, Schwestern, Kommunen und Gewerkschaften hatten gemeinsam zu der Großdemonstration "Lichter aus im Krankenhaus" aufgerufen. Auf Transparenten hieß es: "Ullas Politik sorgt für kranke Häuser" und "Der Wahnsinn allein ist eure Politik".

Schmidt hatte bereits am Mittwoch gesagt, mehr Geld sei nicht drin. Die Zusage über 3,2 Milliarden Euro führe bereits dazu, dass die Krankenversicherungsbeiträge 2009 steigen müssten. Rechnerisch ergeben sich daraus bis zu 0,3 Prozentpunkte Aufschlag beim Beitragssatz. Für Donnerstagnachmittag hatte sie eine Delegation der Demonstranten kurzfristig ins Ministerium eingeladen. Die Organisatoren sagten aber aus Termingründen ab.

AOK spricht von Panikmache

Die Krankenkassen wiesen die Forderungen der Kliniken erneut zurück. "Es wäre gut, wenn die Krankenhausgesellschaft den Strukturwandel mit dem Mut zur Veränderung aktiv gestalten würde, statt ihn nur zu beklagen und mehr Geld zu fordern", erklärte Johann Magnus von Stackelberg, Vizechef des GKV-Spitzenverbands. "Wir haben in Deutschland immer noch deutlich mehr Krankenhäuser pro Einwohner als vergleichbare Länder." Der Ersatzkassenverband VdAK verwies darauf, dass mit dem versprochenen Notpaket 2009 die Rekordsumme von 57 Milliarden Euro in die Krankenhäuser fließen. Die AOK warf den Kliniken Panikmache vor.

Das von Schmidt entworfene Notpaket sieht vor, 50 Prozent der jüngsten Tarifsteigerungen der Klinikbeschäftigten zu übernehmen sowie die Schaffung von 21.000 neuen Pflegestellen mit bis zu 70 Prozent gegenzufinanzieren. Die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) meinte jedoch, das Pflegeprogramm werde ins Leere laufen, weil die Krankenhäuser ihren Eigenanteil nicht aufbringen können.

FDP und Linke zeigten Verständnis für die Demonstranten. Sie drückten ihre Wut über die miserable Gesundheitspolitik der Bundesregierung aus, meinte Linkspolitiker Frank Spieth. FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr erklärte, die Regierung habe die unzumutbare Situation selbst herbeigeführt, weil sie Finanzmittel willkürlich gekürzt habe. Der Sozialverband VdK beklagte die Milliardenkosten für die Beitragszahler der Krankenkassen.

Reuters Reuters

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