Seit gut zwei Jahren kämpft Griechenland um das finanzielle Überleben. Alle Sparaktionen, der gigantische Schuldenschnitt und die milliardenschweren Hilfszahlungen der Euro-Partnerländer könnten nicht reichen, Hellas vor dem Abgrund zu bewahren. Einer der wichtigen Geldgeber, der Internationale Währungsfonds (IWF), will sich nach "Spiegel"-Informationen nicht an weiterer Unterstützung für das Land beteiligen. Das sollen "hochrangige Vertreter" des IWF der Brüsseler EU-Spitze mitgeteilt haben. Derzeit untersucht die Kontroll-Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF, wie weit Hellas den Reformverpflichtungen nachkommt. Das Land hofft auf Geldspritzen im August und September in Höhe von 12,5 Milliarden Euro. Fließt das Geld nicht, ist das Land Bankrott.
Die anderen Eurostaaten lehnen Stützen, die über die aktuellen Beschlüsse gehen, weitgehend ab. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ist gegen Verhandlungen zur Erleichterung der Schuldenlast Griechenlands. "Wir werden einer substanziellen Änderung der getroffenen Vereinbarungen nicht zustimmen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Die Frage eines neuen Hilfsprogramms stelle sich derzeit zwar nicht. Er sehe aber Wünsche aus Griechenland, neu zu verhandeln und die Reformpflichten infrage zu stellen. "Das geht nicht. Das ist ein Rubikon, den wir nicht überschreiten werden." Griechenland solle nicht nur sagen, dass es zur Eurozone gehören wolle, sondern auch so agieren. "Erst verhandeln, dann vereinbaren, dann Hilfe erhalten - und danach gelten die eigenen Verpflichtungen nicht mehr? Das kann nicht funktionieren."
Drachme als Parallelwährung?
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt schlug schon konkrete Schritte für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone vor. In der "Welt am Sonntag" brachte er die Wiedereinführung der Drachme als Parallelwährung ins Spiel. "Der griechische Staat sollte jetzt damit anfangen, die Hälfte seiner Beamtengehälter, Renten und sonstigen Ausgaben in Drachmen auszuzahlen", sagte er. Der sanfte Weg zurück zur alten Währung sei für Griechenland besser als ein harter Schnitt. Dies würde die Chance eröffnen, wirtschaftliches Wachstum zu entfalten.
Im Fall Athens sei "das Ende der Fahnenstange erreicht. Es darf keine weiteren Hilfen geben", sagte der CSU-Generalsekretär dem Blatt weiter. Ein Land, das nicht willens oder in der Lage sei, die Bedingungen zu erfüllen, müsse seine Chance außerhalb des Euro bekommen. "Bei Griechenland gibt es keine vernünftige Alternative. Wir brauchen dringend eine Roadmap für Griechenland", betonte er. Diese müsse den Austritt aus der Währungsgemeinschaft regeln. Sollte Griechenland seine Wettbewerbsfähigkeit zurückerlangen, müsse es die Möglichkeit zur Rückkehr in den Euroraum geben.
Rückkehr der "Troika" für Ende Juli vorgesehen
Aus Athener Kreisen hieß es zuletzt, dass die "Troika" am 26. Juli wieder nach Griechenland zurückkehren soll. Die Sparkontrolleure von EU, IWF und EZB waren am 9. Juli unmittelbar vor dem Treffen der Euro-Finanzminister nach Aussagen des Athener Ministerpräsidenten Antonis Samaras mit der Bilanz abgereist, dass Griechenland abermals die Ziele des Sparpaktes verfehlt habe und sich bei den Reformen beeilen müsse.
Die griechische Koalitionsregierung war im Juni mit dem festen Ziel angetreten, die Fristen der für die Milliardenhilfen auferlegten Sparauflagen neu zu verhandeln. Ziel ist es, die von den Geldgebern geforderten Sparmaßnahmen über 11,5 Milliarden Euro in den Jahren 2013 und 2014 auf die Jahre 2015 und 2016 zu verteilen. Die griechische Gesellschaft könne keine weiteren, zusätzlichen Sparmaßnahmen schultern, argumentiert die Regierung. Die Wirtschaft des Euro-Krisenlandes wird nach Schätzungen auch dieses Jahr um fast sieben Prozent schrumpfen.
Aufschub für Athen würde teuer werden
Erhält das Land mehr Zeit, seine Ziele zu erfüllen, würde das laut "Spiegel" nach Schätzungen der "Troika" zusätzliche Hilfen zwischen 10 und 50 Milliarden Euro erfordern. Viele Regierungen der Eurozone sind jedoch nicht mehr bereit, neue Griechenland-Lasten zu schultern. Zudem hätten Länder wie die Niederlande und Finnland ihre Hilfen daran gekoppelt, dass sich der IWF beteiligt.
Die Europäische Zentralbank (EZB) nimmt vorerst keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit entgegen. Hintergrund der Entscheidung ist das Auslaufen einer Sonderregelung, die vor der griechischen Umschuldung getroffen wurde. Die EZB will erst entscheiden, ob sie griechische Staatstitel als Pfand für Zentralbankgeld akzeptiert, wenn der nächste Prüfbericht der "Troika" aus Experten von EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds vorliegt.
Bis dahin müssen griechische Banken sich über die Notfallkreditlinie ELA (Emergency Liquidity Assistance) mit Geld versorgen lassen. Bei diesen durch die nationale Zentralbank gestellten Krediten handelt es sich um ein Notfallinstrument, für das nicht die EZB, also das Eurosystem der Notenbanken im Euroraum, haftet, sondern die Zentralbank in Athen und damit der griechische Staat. Allerdings hält sich Griechenland ohnehin nur durch internationale Hilfsgelder über Wasser.