Griechischer Ministerpräsident unter Druck Papandreou erwägt Rücktritt

Von S. Biskamp, P. Ehrlich, G. Fahrion und I. Gomez
Das Volk macht Druck, die EU macht Druck der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou wird zwischen den Fronten zerrieben. Nun denkt er über seinen Rücktritt nach.

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat nach Informationen der Financial Times Deutschland in den vergangenen drei Wochen zweimal mit Vertrauten über seinen Rücktritt gesprochen. Er habe beide Male "seinen Rücktritt angeboten" - und dann doch weitergemacht, hieß es im Umfeld Papandreous. Der Regierungschef halte der Zerreißprobe zwischen den Protesten der eigenen Bevölkerung gegen den verschärften Sparkurs auf der einen Seite und den Auflagen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) auf der anderen nicht mehr lange stand. Papandreou fühle sich machtlos, sagte ein Insider und unterstrich: "Griechenland entscheidet über gar nichts mehr."

Ein Rücktritt des Premiers inmitten der Dauerverhandlungen um neue Hilfen und während der Durchsetzung von Zehntausenden von Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst wäre eine "Katastrophe", sagte der Insider. "Aber wenn sich die Amtsmüdigkeit erst einmal in seinem Kopf festgesetzt hat, wird er den Schritt früher oder später auch tun." Ein Regierungssprecher dementierte die Angaben: "Die Informationen, die Sie erhalten haben, sind Blödsinn."

"Griechenland ist nicht der Sündenbock der Euro-Zone"

Falls Papandreou hinschmeißt, wird es voraussichtlich zu einer schnellen Neuwahl kommen, die die Opposition seit Monaten fordert. Ihr Führer Antonis Samaras hat längst klargemacht, dass er Verträge mit EU und IWF nachverhandeln will. Eine Neubestimmung der Mehrheitsverhältnisse im Athener Parlament und daraus eventuell resultierende Abstriche am Sparpaket würden die Märkte in schwere Turbulenzen stürzen.

Im Juni hatte Papandreou seinen Rücktritt mehr oder weniger offen angeboten, wenn dies eine Einigung mit der Opposition ermöglichen sollte. Der Regierungschef hatte Mitte vergangener Woche in Deutschland mehr Respekt für seine Reformbemühungen gefordert. Sein Finanzminister Evangelos Venizelos verwahrte sich gegen Vorwürfe der Euro-Partner, es fehle am Sparwillen. "Griechenland ist ein Land mit strukturellen Problemen, aber nicht der Sündenbock der Euro-Zone."

Griechenland muss damit leben, von seinen internationalen Geldgebern fallen gelassen zu werden. Das Land musste einräumen, dass sein Defizit 2011 deutlich höher ausfällt als mit EU und IWF vereinbart, 8,5 statt 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Anleger flüchten aus Bankwerten

Die Finanzmärkte reagierten enttäuscht auf die Hiobsbotschaft und die Unklarheiten über den Rettungsfonds EFSF, dessen Aufstockung heftig diskutiert wird. Nach den europäischen Börsen begann die Wall Street mit einer Talfahrt. Wie schon an den Aktienmärkten in Asien und Europa nagten auch in den USA neue Hiobsbotschaften aus Griechenland an den Hoffnungen, dass die Regierung in Athen doch noch der Schuldenfalle entrinnen kann. Weitere Hilfen für das strauchelnde Euro-Land wurden in New York zwar einkalkuliert, doch das Schreckgespenst einer drohenden Staatspleite machte auch den US-Anlegern weiter zu schaffen. Anleger flüchteten vor allem aus Bankwerten. Sie fürchten, dass ein großes europäisches Institut an seinen Belastungen durch Griechenland zerbrechen könnte.

Die Slowakei ist eines der vier Länder, die noch kein grünes Licht für die Ausweitung des vorläufigen Euro-Rettungsschirms EFSF gegeben haben. Finanzminister Ivan Miklos forderte die Euro-Zone auf, nicht die Augen vor der Möglichkeit einer griechischen Staatspleite zu verschließen. "Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass die Situation in Athen nicht länger tragbar ist, müssen wir sagen, wie wir auf eine geordnete Insolvenz vorbereitet sind und wie wir eine weitere Ansteckung vermeiden", sagte Miklos der tschechischen Zeitung "Lidove Noviny". Sein griechischer Kollege wies den Vorschlag als naiv und gefährlich zurück.

FTD