Die Tarifverhandlungen über die Arbeitsplatzsicherung bei einem Börsengang der Bahn sind gescheitert. Das teilten Vertreter der Bahn und der Gewerkschaften Transnet und GDBA mit. Der Bahn drohen damit nun Streiks. Bei Nicht-Einigung seien Protestaktionen "nicht mehr vermeidbar", hatten die Gewerkschaften bereits am Montag angekündigt. Ein Bahnsprecher sprach unmittelbar nach dem Abbruch der Verhandlungen von unüberbrückbaren Differenzen. "Wir können nicht für alle denkbaren Börsengang-Varianten Vertragsmodelle anbieten", hieß es. Dennoch bedauere man das Scheitern der Verhandlungen.
Die Gewerkschaft Transnet kündigte für 12.00 Uhr eine Pressekonferenz an. Für den Fall, dass keine Einigung erreicht wird, hatte sie bereits mit Streiks gedroht. Die Bahn wollte sich um 13.30 Uhr ausführlicher zu den gescheiterten Verhandlungen äußern.
Verlauf des Tarifkonflikts
Bahn und Gewerkschaften hatten am Mittwoch ihre Beratungen über einen Schlichterspruch fortgesetzt, den Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) vorgelegt hatten. Die Vermittler empfahlen darin, bei welchen Voraussetzungen der Anfang vergangenen Jahres vereinbarte Schutz vor Entlassungen bis 2010 neu geregelt werden muss.
Hintergrund des Tarifkonflikts ist die politische Debatte über eine mögliche Herauslösung des Netzes aus dem Konzern bei einem Börsengang. Gestritten wird dabei über mehrere Modelle. Aus Sicht von Schröder und Biedenkopf hat der Beschäftigungspakt für 130.000 Beschäftigte nur Bestand, wenn die Bahn das Eigentum am Netz behält. Anpassungen des Tarifvertrags seien zudem dann möglich, wenn die Bahn das Netz behält, der Bund aber zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Rückholoption bekommt.
Ohne Netzeigentum der Bahn sei der Schutz vor Entlassungen dagegen nicht über ergänzende oder korrigierende Tarifregelungen zu bewahren, stellten Schröder und Biedenkopf fest. Derart weitgehende Änderungen der Konzernstruktur machten es unmöglich, dass Beschäftigte wie derzeit im "konzerninternen Arbeitsmarkt" weitervermittelt werden können. Dies gelte auch für Privatisierungsmodelle, wonach das Eigentum am Netz an den Bund übertragen wird und die Bahn Bewirtschaftungsrechte bekommt.
Die Bundesregierung will im Herbst über eine Teilprivatisierung des letzen großen Staatsunternehmens entscheiden. Verbände und Teile der Politik fordern eine Abtrennung des Netzes, um mehr Wettbewerb auf der Schiene zu erreichen. Bahnchef Hartmut Mehdorn und die Gewerkschaften lehnen dies ab.
Das bestehende Beschäftigungsverhältnis
Die Deutsche Bahn AG einigte sich im Februar 2005 mit den Gewerkschaften Transnet und GDBA über ein Beschäftigungsbündnis, das bis zum 31. Dezember 2010 gilt. Das Vertragswerk betrifft rund 130.000 der insgesamt 229.000 Bahn- Beschäftigten. Das sind jene, die mindestens fünf Jahre im Konzern beschäftigt sind. Für sie sind betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2010 ausgeschlossen. Dafür arbeiten die Mitarbeiter ohne Einkommensausgleich seit 1. Juli 2005 eine Stunde mehr pro Woche, also 39 statt 38 Stunden.
Für die rund 45.000 Beamten in den Reihen der Bahn gilt der Tarifvertrag nicht. Fällt Ihr Arbeitsplatz weg, kommen sie aber wie die anderen Mitarbeiter auf einen konzerninternen Arbeitsmarkt. Die Bahn-Tochter DB JobService versucht sie dann im Konzern oder extern zu vermitteln.
Der Vertrag über die Beschäftigungssicherung könnte hinfällig werden, wenn die Bahn nicht als Ganzes teilprivatisiert, sondern das Schienennetz aus dem Konzernverbund herausgelöst wird. Diese Abtrennung wollen weder das Bahn-Management noch die Gewerkschaften. Die Arbeitnehmervertreter bestehen aber darauf, dass im Falle einer Aufteilung der Bahn in zwei oder mehr Teile der Schutz vor Entlassung weiterhin gilt.