Kommentar Kurt Beck? Der kann es nicht!

  • von Hans Peter Schütz
So darf keiner mit der SPD umspringen, nicht einmal deren Chef. Mit seinem Alleingang in Sachen Linkspartei hat Kurt Beck nicht nur den Hamburger Genossen einen Dolch in den Rücken gestoßen, sondern auch gezeigt, dass er die Regeln der Berliner Politik nicht begriffen hat. Fahrlässiger kann man seine Glaubwürdigkeit nicht verspielen.

So kann man mit der SPD nicht umspringen. Da legt sie sich quer, diese stolze 144 Jahre alte Partei. Eigentlich müsste Kurt Beck dies wissen. Dass ein SPD-Vorsitzender nicht einfach pfeifen kann wie ein Schleifer bei der Bundeswehr. Die Methode funktioniert nicht. Das mussten schon ganz andere sozialdemokratische Kaliber schmerzlich erfahren. Nicht einmal vor der Parteiikone Willy Brandt machten die Genossen immer den gewünschten Bückling.

Vielleicht hat Beck immer noch nicht begriffen, dass auf der bundespolitischen Bühne mehr Überzeugungsarbeit verlangt wird als in der kuscheligen Mainzer Staatskanzlei. Dort ist die SPD mit allem zufrieden, was Beck wünscht. Hauptsache, er sichert Macht und Pöstchen in Rheinland-Pfalz.

Fahrlässiger Verlust der Glaubwürdigkeit

Becks Kurswechsel in Sachen Umgang mit der Linkspartei ist ja keine Premiere. Im Alleingang hat er sich auch von Gerhard Schröders Agenda 2010 und der alten Regelung des Bezugs von Arbeitslosengeld verabschiedet. Hat damit "nur" Franz Müntefering düpiert und all jene, die dem rotgrünen Kurs stets mit zusammen gebissenen Zähnen gefolgt sind. Und denen das Wort Solidarität noch Verpflichtung bedeutet. Die jüngste Nummer freilich zeichnet sich durch ganz besondere Betonung des Satzes aus "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern." Beck war es, der seiner SPD zumindest in den alten Ländern strenge Distanz zur Linkspartei verordnet hat. Beck war es, der dabei keine vernünftige Diskussion in der Parteiführung zuließ. Seine Stellvertreter sind jetzt einmal mehr zu Abnickern vom Dienst degradiert worden.

Das alles ist Politik aus dem Bauch heraus. Da sitzt der Parteichef gemütlich in der Kneipe beim Bier und plaudert darüber, auch noch vor Journalisten, man könne sich doch in Hessen schon mal bei der Wahl von Ypsilanti pampern lassen. Die Genossen müssen den Kurswechsel um 180 Grad in der Morgenzeitung lesen. Fahrlässiger kann man seine Glaubwürdigkeit und seinen Führungsanspruch nicht verspielen. Dass er damit der politischen Konkurrenz im Hamburger Wahlkampf einen Traumpass zugespielt hat, sei nur am Rande erwähnt. Dass Beck nun im Nachhinein eine "aktive" Zusammenarbeit mit den Linken ausschließt, ist dem Proteststurm geschuldet, der die SPD schüttelt. Er scheint immer noch daran zu glauben, es sei möglich, nur ein bisschen schwanger zu sein.

Die Demokratie ist kein Sandkasten

Nun könnte man sich schadenfroh die Hände darüber reiben. Jeder demontiere sich eben so gut er kann. Doch auch staatspolitisch gesehen ist Becks Alleingang ein Desaster. Es war von vornherein ein Fehler, dass er nach links sich zunächst strikt abgegrenzt hat. In Berlin wird doch mit Rot-Rot durchaus pragmatische Politik gemacht. Und in einem Parteiensystem, in dem künftig wohl auf Dauer fünf statt bisher drei oder vier Parteien operieren, muss über Bündnisse auf dem Wege politischer Kompromisse entschieden werden. Ideologische Barrieren führen lediglich in die Selbstisolation und das demokratische System in die Blockade - wie in Hessen exemplarisch zu besichtigen. Die SPD kann sich die Selbstblockade überhaupt nicht leisten. Hat sie unter Becks Kurs der Abgrenzung die 30-Prozent-Hürde überwunden? Nein. Wird sie es mit dem neuen Kurs des Herumeierns den Status einer Volkspartei zurückgewinnen? Eher nein. Sonst hätte sie aus den Wahlergebnissen in Hessen und Niedersachsen andere Schlüsse gezogen.

Die Demokratie ist kein Sandkasten, in dem man vom Wähler legitimierte Mitspieler zu Schmuddelkindern erklärt. Beck hat diesen Fehler zu verantworten.

Letztlich steckt dahinter seine Verzweiflung, dass es auch unter ihm mit der SPD in der Gefangenschaft der Großen Koalition nicht wieder nach oben geht. Ob das mit einem Parteichef gelingt, der heute Hü und morgen Hott schreit, darf bezweifelt werden. Ein Trost bleibt den Genossen: Die SPD hat in den vergangenen 15 Jahren reichlich Vorsitzende verschlissen. Auf einen mehr oder weniger dürfte es zumindest den Beck-Gegnern nicht mehr ankommen. Der Beck, der kann es einfach nicht.