Auto-Welt Die spinnen, die Engländer

Von wegen Understatement... Zur internationalen Motorshow in Birmingham lässt MG einen britischen Bullen aus dem Stall, der Porsche-Kunden die Farbe aus dem Gesicht treiben wird.

Von wegen Understatement... Pünktlich zur internationalen Motorshow in Birmingham lässt MG einen britischen Bullen aus dem Stall, der so manchem Porsche-Kunden die Farbe aus dem Gesicht treiben wird. 965 PS sollen den XPower SV in seiner Endausbaustufe zu einem der stärksten und extremsten Sportwagen machen, der jeweils gebaut wurde.

MG XPower SV Club Sport

Motor

V8-Motor

Hubraum

5 Liter

Leistung

410 PS

Topspeed

314 km/h

0-100

4,4 Sekunden

Konkurrenzlos stark

Das muss man als Freund der europäischen Autobauer vom Festland erstmal verkraften - 965 PS! Ein banger Blick nach Maranello, Zuffenhausen, Stuttgart, München und Wolfsburg - Hilfe ist aus den Zentralen der Autobauer nicht zu erwarten. Einem derart kompromisslosen Sportler haben die bekannten Größen nichts entgegen zu setzen. Ein wenig Linderung bringt lediglich die Tatsache, dass das 900-PS-Monster nicht auf öffentlichen Straßen zum Einsatz kommen wird.

Der »Kleine« hat´s in sich

Doch auch die »kleinen« Ableger des »XPower SV Club Sport spec«, wie das britische Geschoss offiziell heißt, müssen sich vor der überholspurverwöhnten Konkurrenz nicht verstecken. Schon der XPower SV von der Stange beherbergt einen 326 PS starken V8-Motor unter der Kohlefaser-Motorhaube. Das reicht locker, um den 1.450 Kilo leichten Sportler in knapp fünf Sekunden auf 100 Stundenkilometer zu beschleunigen. Erst bei 273 Sachen gewinnen Luftwiderstand und Reibungskräfte wieder die Oberhand.

Geschwindigkeitswahn mit Straßenzulassung

Dem typischen XPower-Kunden, so scheint es, steht nicht der Sinn danach, die untermotorisierte Konkurrenz von der Autobahn zu scheuen. Statt dessen legt sich diese Kundschaft einen mindestens 410 PS starken »XPower SV Club Sport« zu, fährt damit zum nächsten Rundkurs, gewinnt sein Rennen und fährt mit seinem Sportgerät wieder nach Hause. Der automobile Geschwindigkeitswahn mit Straßenzulassung. Selbstredend ist die 300er-Marke auf dem Tacho bei den Club-Sportlern reine Staffage. Der 5-Liter-V8 muss erst bei 314 km/h die Segel streichen.

Tuning-Großbaustelle

So weit die Leistung, die so einem mutierten Sportwagen vom Werk in die Wiege gelegt wird. Dabei soll und muss es der XPower-Kunde jedoch nicht belassen. Gerade die Club-Sport-Versionen sind tuningtechnische Großbaustellen. Sonderwünschen sind praktisch keine Grenzen gesetzt. Der Premieren-Bolide in Birmingham schmückte sich beispielweise mit Carbon-Schalensitzen, speziell angefertigten Helm-Ablagen und einem im Wagen untergebrachten Reserverad. Auch unter der Haube gab es einen kräftigen Nachschlag: dort scharren 465 lauffreudige Vollblüter mit den Hufen.

Vor allem in Sachen Motorisierung mag man bei MG den zahlungskräftigen Kunden keine Steine in den Weg legen. Selbst dem werksseitige Einbau einer Lachgas-Einspritzung stehen die Briten erwartungsfroh gegenüber.

Flexibel rundum

Ähnlich flexibel wie unter der Motorhaube geht man bei MG auch mit der Karosseriegestaltung des hauseigenen Supersportlers um. Ein Großteil der im Windkanal optimierten Fahrwerksteile sind aus Kohlefasern gebacken und in ihrer Formengebung ganz und gar nicht endgültig. Im Vergleich zu den recht zivilen Einstiegs-Modellen sind im Birmingham-Sportler neben extrem breiten Radläufen auch noch armdicke Seitenschweller, mächtige Front- und Heckschürzen sowie ein Heckspoiler im XXL-Format verbaut. Hinzu kommt noch ein speziell bearbeiteter Unterboden, der ähnlich wie in der Formel 1 den MG an die Straße saugt.

Alles in allem doch eine recht bizzare Mischung aus sportlicher Enthaltsamkeit und verspieltem Tuner-Wahn. Was fehlt ist lediglich eine ordnende Designer-Hand, die dem britischen Flügeltier eine klare Linie verpasst.

Die findet sich jetzt schon im Innenraum. Platz für zwei und ganz viel Mut zur Lücke. Airbag? Nö! Klimaanlage? Stromfresser! Statt dessen sorgt ein serienmäßiger Überrollkäfig für den nötigen Insassenschutz. Zusätzlich lässt sich in der guten Stube so ziemlich alles verbauen, was in einen Sportwagen passt. Vom halbautomatischen Getriebe bis Vierpunkt-Gurten.

Ach ja, die Kosten. 65.000 Pfund soll ein Xpower SV von der Stange mindestens kosten. Für alle Menschen ohne eingebauten Euro-Rechner: das entspricht in etwa 100.000 Euro.

Jochen Knecht